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Hannah Arendt, Unterschied zwischen Herstellen und Arbeiten

buckdanny

New Member
Registriert
27. September 2011
Beiträge
3
Hallo,

ich zerbreche mir hier gerade den Kopf beim Lesen von "Vita Activa". Ich verstehe irgendwie nicht so ganz warum Herstellen etwas anderes ist als Arbeiten. Was ich verstehe ist, das Herstellen ein Ding formt während das Arbeiten nur die natürlichen Lebensnotwendigkeiten stillt.
Also wenn ich ein Tisch baue dann stelle ich her.
Wenn ich mir etwas koche, dann arbeite ich.
Wenn ich Landwirtschaft betreibe, dann wird aus dem arbeiten ein herstellen, weil das Produkt die Tätigkeit überdauert
etc.

Soweit so gut, aber wie unterscheidet sich der Grund für das Arbeiten und das Herstellen? Oder basiert das quasi auf ein und dem gleichen Grund. Was ich verstehe ist, dass Arbeiten zu den Lebensnotwendigkeiten gehört. Das es quasi eine Grundkraft des Körpers gibt, der ihn zur Arbeit drängt.
Aber drängt diese "Grundkraft" nicht auch zum herstellen?

Kann mir jemand versuchen zu erklären was der Unterschied ist, vor allen in unseren heutigen Zeit. Ich hab irgendwie das Gefühl, dass es nur noch das eine von beiden gibt.
Ich hab bei Arendt gelesen, dass öffentliche Anerkennung und finazielle Vergütung auf einer Stufe stehen und gegeneinander ausgetauscht werden können. Wie der Magen Nahrung braucht, braucht die Eitelkeit Bestätigung. Wenn ich also ein Ding herstelle und ich dadurch zu Anerkennung komme (kann man das behaupten?) dann ist das ja nichts anderes als das Stillen des Hungers, also die Befriedigung der natürlichen Notwendigkeit durch die Arbeit (im Sinne von Kochen etc). Dann wäre doch Herstellen = Arbeiten. Oder nicht…

Vielleicht kann mich jemand aufklären? Vielen Dank!

edit: und ich meine, heute stellt doch eigentlich jeder Arbeitende etwas her oder? also auch wenn er nur ein winziges Detail in einer Arbeitsteilung erabeitet. Aber wir sprechen doch von einer Arbeitsgesellschaft und nicht von einer Herstellergesellschaft. Ich glaube Arendt schreibt, dass die Arbeit in der Neuzeit glorifiziert wurde, weil sie nichts anderes war als das herstellen… Aber der Arbeiter arbeitet doch immer noch aufgrund der natürlichen Notwendigkeit. hm hm hm
 
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AW: Hannah Arendt, Unterschied zwischen Herstellen und Arbeiten

schau hier mal..

3.2 Die Arbeit

Für das Politische ist das Handeln wesentlich, weil das Politische durch das Handeln konstituiert wird. Das Konzept des Herstellens ist wichtig, weil seine Übertragung auf das Politische destruktiv ist. Der Begriff der Arbeit ist für das Politische von weit geringerer Bedeutung. Er wird dennoch aus zwei Gründen hier vorgestellt: Erstens gehört die Arbeit nach Hannah Arendts in Vita activa dargelegter Ansicht zur Trias der menschlichen Tätigkeiten, und zweitens läßt sich am Arbeiten ein weiteres Mal zeigen, wie das Herstellen ein fremdes Gebiet okkupiert und deformiert.

Das folgende vor allem nach Vita activa, Drittes Kapitel: Die Arbeit, S. 76ff. Hannah Arendt unterscheidet das Arbeiten vom Herstellen dadurch, daß das Herstellen ein dauerhaftes Produkt hinterläßt, wogegen die Ergebnisse von Arbeit sofort wieder verbraucht werden.1 Hannah Arendts Begriff der Arbeit ist weiblich geprägt. Als Arbeit bezeichnet sie im Gegensatz zum Herstellen alle Tätigkeiten, deren Ergebnis keinen Bestand hat, sondern sofort wieder vernichtet oder aufgezehrt wird. Mitglieder einer patriarchalischen Gesellschaft, wie wir alle es sind, sehen sofort Frauen mit solchen Tätigkeiten beschäftigt. Kochen, Putzen, Waschen2 gehören dazu, aber auch der Ackerbau3. Hannah Arendt macht uns klar, daß Sisyphos eigentlich eine Frau sein sollte. Arbeit ist für Hannah Arendt weder Herstellen noch jede Form der bezahlten Tätigkeit. Die Arbeit hat im Gegensatz zum Herstellen kein festes Ding als Endprodukt, ihr Anlaß liegt in der Notwendigkeit zur Erhaltung des menschlichen Lebens, in dem direkten Stoffwechsel des menschlichen Körpers mit der Natur:4

Der Unterschied zwischen einem Brot, dessen "Lebensdauer" in der Welt kaum mehr als einen Tag beträgt, und einem Tisch, der manchmal Generationen von Benutzern überlebt, ist zweifellos viel schlagender als der Unterschied in dem Leben der produzierenden Subjekte, also der Unterschied zwischen einem Tischler und einem Bäcker.

Das Konzept der Arbeit ist für das Politische weit weniger wichtig als das des Herstellens, weil nie versucht worden ist, dem Politischen das Muster der Arbeit aufzuprägen. Dagegen beeinflussen sich Arbeiten und Herstellen gegenseitig. In der modernen Wegwerfgesellschaft haben nicht nur die Ergebnisse von Kochen und Putzen keinen Bestand, sondern auch die Erzeugnisse des Herstellens werden mehr und mehr als Konsumartikel verstanden, also als Güter, die verbraucht werden und kein langes Leben haben. Im Sinne einer ökologischen Wirtschaftsweise wäre es wünschenswert, wenn die Hersteller ihre Tätigkeit im Sinne von Hannah Arendt als Erzeugen von Dauerhaftigkeit verstünden.
http://achimwagenknecht.de/Arendt/a32diearbeit.htm
 
AW: Hannah Arendt, Unterschied zwischen Herstellen und Arbeiten

danke schön, das ist hilfreich aber ich verstehe etwas ganz grundlegendes nicht, Arendt unterscheidet ja Arbeit und Herstellen (und Handeln).

Für die Arbeit gibt sie einen Grund an, nämlich den der natürlichen Lebensnotwendigkeit. Quasi für den Erhalt seines Lebens zu arbeiten.
Aber was ist der Grund für das Herstellen? Meines erachtens ist es doch der gleiche Grund nur das Resultat ist anders (ein Ding).

Ist es so, dass die drei Arten aufeinander aufbauen, quasi verschiedene Qualitäten besitzen?
(natürliche Notwendigkeit)
--- Arbeiten ---
------ Herstellen -------
--------- Handeln ----------

oder das die drei Arten nebeneinander existieren und nur das "Arbeiten" auf der Notwendigkeit des Lebens resultiert=
Arbeiten | Herstellen | Handeln

Ich tendiere zur ersten Möglichkeit…
 
AW: Hannah Arendt, Unterschied zwischen Herstellen und Arbeiten


Selbst lediglich "arbeitender" und nor hobbymäßig "herstellender" Mensch, sehe ich den Sinn von Hanna Ahrendts Beschreibung menschlicher Tätigkeiten nicht.
Es erscheint mir wie die Betrachtung einer fremden Spezies von fern durch Außerirdische, die durch oberflächliche Betrachtung meinen, das Typische dieser Spezies erkannt zu haben.
Na und ?
Einzig überlegenswert erscheint mir der im ersten Satz zitierte Gedanke, das Politische sei geprägt durch Handeln, während der Begriff Arbeit dabei eher störend wirke.
Das kann man zur Hälfte am Beispiel unserer Politiker bestätigen: Arbeit empfinden sie als störend. Allerdings Handeln auch - daher nur 50% Bestätigung.
Politiker lassen Handeln, was ja wiederum mit Arbeit verbunden ist.
All diese schlauen Betrachtungen hätten einen Sinn, wenn es H.A. gelungen wäre, Politiker zu sinnvoller Arbeit und vernünftigem Handeln anzutreiben. Aber ich glaube, Politiker haben nicht verstanden, was sie meinte. Oder sie fühlen sich gar bestätigt.
Perivisor
 
AW: Hannah Arendt, Unterschied zwischen Herstellen und Arbeiten

m.E. nach verwendet hannah ahrendt hier eine etwas andere besetzung der begrifflichkeit arbeit,herstellen,handeln wie sonst üblich.

siehe auch ihr werk "Vita activa oder vom tätigen Leben"

bei ihr ist die arbeit gleichzusetzen mit den notwendigen täglichen aktivitäten um sich am leben zu erhalten. auf der sozialen kulturellen ebene wäre es das nomadentum (sammler und jäger) der mensch ist hier beschäftigt mit den direkten austausch mit seiner matgeriellen umgebung.. sammeln von früchten, erbeuten von tieren, hertragen von wasser.... ohne dabei seine umwelt bzw die natur nachhaltig zu verändern (status quo beibehalten).

das "herstellen" geht eine stufe weiter (entsprechung der kulturstufe von viehaltung und agrarwirtschaft) - der mensch schafft sich eine neue für ihn besser angepasdste umwelt. wald wird gerodet, felder angelegt, vieh gezüchtet........ der mensch schafft neue qualitäten und gteift nachhaltig in seiner umwelt ein.

das handeln bei hannah ahrendt unterscheidet sich merklich von der def anderer philosophen. sieh verbindet handeln untrennbar mit der sozial/politischen komponente. auf der kulturellen ebene wäre es die organisation in städten und staaten. der menswch wirkt eingebunden im sozialwesen und schafft so die vorraussetzung für grossangelegte und sehr beständige änderungen in der kultur.

im persönlichen wäre es die arbeit als lediglich existenzielles wirken um den notwendigen lebenserhalt zu gewährleisten. das herstellen als investition um sein leben zu ändern (hier zählt zbsp auch eine qualifiziewrende berufliche ausbildung dazu oder der bau eines eigenheimes) während das handeln das gründen/beitreten einer gemeinschaft wäre um zusammen bestimmte bereiche des lebens zu gestalten. (sportverein, kooperative, politische gruppierung uä.)
 
.....Beim "Arbeiten" fungiert der Mensch als "Animal laborans" und beim "Herstellen" als "Homo faber"! Arbeiten ist laut Frau Arendt mit "Mühe und Last" verbunden und auf Wiederholung angelegt, die weder "Anfang noch Ende" hat. Hingegen ist das "Herstellen" zielgerichtet, es wird "etwas" erschaffen das von "Dauer" ist!.....

meint plotin
 
.....Beim "Arbeiten" fungiert der Mensch als "Animal laborans" und beim "Herstellen" als "Homo faber"! Arbeiten ist laut Frau Arendt mit "Mühe und Last" verbunden und auf Wiederholung angelegt, die weder "Anfang noch Ende" hat. Hingegen ist das "Herstellen" zielgerichtet, es wird "etwas" erschaffen das von "Dauer" ist!.....

meint plotin
Was macht dann der Frisör,wie ich einer bin,...erstellen oder was.:dontknow:oder tue ich beides,was es auch bestimmt geben kann:doof:
 
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