Vor einiger Zeit habe ich ein Thema eröffnet welches den Titel trug: "Wie objektiv kann Geschichtsschreibung sein?"
An das Thema wurde ich wieder erinnert durch die Historikerdebatte, die zur Zeit in Frankreich stattfindet und in dessen Rahmen sehr kontrovers diskutiert wird. Das Thema ist die Geschichtsschreibung - und auch wenn in Deutschland die Geschehnisse bei unseren Nachbarn nicht auf ein besonders großes Interesse stossen, denke ich , dass die Problematik auch hier diskussionswürdig sein könnte.
Um was geht es genau?
Die Grande Nation war ja immer sehr stolz und sogar etwas verliebt in ihre Geschichte. Ob es nun um Liberté, Égalité, Fraternité, oder um die Feldzüge Napoleons ging - die Geschichte wurde geschrieben wie ein Aneinaderreihen von glorreichen und glanzvollen Geschehnissen.
In eigener Sache möchte ich doch hinzufügen: diesen kleinen Hieb erlaube ich mir, trotz meiner notorischen Verliebtheit in Frankreich.
Ja, schön klangen die historischen Ereignisse, nur, dass auch Vieles ausgesparrt wurde.
Doch die Unruhen in den Vorstädten haben noch eines gezeigt: dass dieses Land heute innerlich zerrissen ist. Nach den Krawallen, folgten die Fragen der Schwarzen und der Muslime nach ihrer eigentlichen Identität, denn in Frankreich waren sie nicht integriert - also suchten sie nach ihren Wurzeln.
Dies ist nur eines der vielen Beispiele. Die Geschichtsschreibung in Frankreich hat einerseits Vieles ausgelassen, andererseits aber wurden in den letzten Jahren eine Reihe von Gesetzen zur Deutung der französischen Geschichte verabschiedet. Genau darüber geht es in der Historikerdebatte.
Es wurde zum Beispiel per Gesetzt festgelegt, dass die Geschichte der Kolonisation positiv darzustellen ist, sowohl in der Forschung als auch in der Lehre. Natürlich hat das den Unmut der Historiker erweckt. Es gibt außerdem noch drei Gesetze gegen die sich die Historiker auflehnen. Diese wurden in den letzten 10 Jahren verabschiedet. Ein Beispiel betrifft den Sklavenhandel, der jahrhundertelang betrieben wurde und nun als Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt werden soll.
Ein weiteres Gesetzt, welches schon 1990 verabschiedet wurde doch nun den Unmut der Historiker erweckt, betrifft den Holocaust. Gesetztlich sollte seine Leugnung verboten werden.
Diesbezüglich versteht Serge Klarsfeld die Aufregung der Historiker nicht. Als Anwalt und auch als Vorsitzender der Organisation der Kinder deportierter Juden, hält er dieses Gesetz und auch andere ähnlichen Inhalts als politisch wichtig. Über die Petition die viele Historiker unterschrieben haben und die Abschaffung dieses Gesetzes fordert, sagt Klarsfeld:
"Die Historiker, die da unterschrieben haben, wollen, dass sie die Macht über die Geschichte haben. Doch ihre Aufgabe ist nicht, selbst Geschichte zu schreiben, sondern über Geschichte zu schreiben. Wenn es um Ereignisse geht, die uns noch relativ nah sind oder sogar die Basis politischer Entscheidungen bilden, muss es moralische Eckpfeiler in Form von Gesetzen geben, die uns den Weg weisen."
Hinzuzufügen wäre, dass in Frankreich die Kolaboration betreffend Judendeportationen, jahrzentelang geleugnet oder verschwiegen wurde. Erst 1995 hat Jacques Chirac Frankreichs Mitverantwortung an der Deportation französischer Juden eingestanden.
Dazu der konservative Historiker Pierre Nora:
"Was uns an dem Gesetz gegen die Leugnung des Holocaust gestört hat, trotz aller guten Gründe dafür, war, dass es ein Dammburch war. Und das hat sich seit seiner Verabschiedung vor 15 Jahren gezeigt. Es war der Beginn einer offiziellen Geschichtswahrheit. Dieser Weg, der mit den besten Absichten begonnen wurde - Verteidigung der Juden und ihrer Geschichte - führte dazu, dass immer mehr Gruppen ihre Geschichtsdeutung per Gesetz festschreiben lassen wollen."
Doch nicht nur Pierre Nora sieht durch die von oben verordnete Political Correctness einen Eingriff in die eigenständige Arbeit der Historiker.
In der Petition der Historiker heisst es:
"Die Geschichtsforschung ist heute in nie da gewesener Weise gefährdet. Natürlich gibt es Gruppen in der Gesellschaft, denen man in der Vergangenheit Unrecht getan hat, und die ein moralisches Recht auf Wiedergutmachung haben. Aber eine Festschreibung per Gesetz, wie Vergangenheit zu bewerten ist, diktiert uns Historikern eine offizielle Geschichtsschreibung. Es werden Dogmen festgesetzt, ähnlich wie in totalitären Staaten."
Könnte es nicht so sein, dass die Geschichtsschreibung in Frankreich dermassen eigene Wege gegangen ist, jahrzehntelang ganze Kapitel ungeschrieben liess oder sie auch leugnete, dass da nur noch Gesetze helfen konnten, um den Weg zurück zu finden zu einer einigermassen objektiven Wiedergabe der Geschichte?
An das Thema wurde ich wieder erinnert durch die Historikerdebatte, die zur Zeit in Frankreich stattfindet und in dessen Rahmen sehr kontrovers diskutiert wird. Das Thema ist die Geschichtsschreibung - und auch wenn in Deutschland die Geschehnisse bei unseren Nachbarn nicht auf ein besonders großes Interesse stossen, denke ich , dass die Problematik auch hier diskussionswürdig sein könnte.
Um was geht es genau?
Die Grande Nation war ja immer sehr stolz und sogar etwas verliebt in ihre Geschichte. Ob es nun um Liberté, Égalité, Fraternité, oder um die Feldzüge Napoleons ging - die Geschichte wurde geschrieben wie ein Aneinaderreihen von glorreichen und glanzvollen Geschehnissen.
In eigener Sache möchte ich doch hinzufügen: diesen kleinen Hieb erlaube ich mir, trotz meiner notorischen Verliebtheit in Frankreich.
Ja, schön klangen die historischen Ereignisse, nur, dass auch Vieles ausgesparrt wurde.
Doch die Unruhen in den Vorstädten haben noch eines gezeigt: dass dieses Land heute innerlich zerrissen ist. Nach den Krawallen, folgten die Fragen der Schwarzen und der Muslime nach ihrer eigentlichen Identität, denn in Frankreich waren sie nicht integriert - also suchten sie nach ihren Wurzeln.
Dies ist nur eines der vielen Beispiele. Die Geschichtsschreibung in Frankreich hat einerseits Vieles ausgelassen, andererseits aber wurden in den letzten Jahren eine Reihe von Gesetzen zur Deutung der französischen Geschichte verabschiedet. Genau darüber geht es in der Historikerdebatte.
Es wurde zum Beispiel per Gesetzt festgelegt, dass die Geschichte der Kolonisation positiv darzustellen ist, sowohl in der Forschung als auch in der Lehre. Natürlich hat das den Unmut der Historiker erweckt. Es gibt außerdem noch drei Gesetze gegen die sich die Historiker auflehnen. Diese wurden in den letzten 10 Jahren verabschiedet. Ein Beispiel betrifft den Sklavenhandel, der jahrhundertelang betrieben wurde und nun als Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt werden soll.
Ein weiteres Gesetzt, welches schon 1990 verabschiedet wurde doch nun den Unmut der Historiker erweckt, betrifft den Holocaust. Gesetztlich sollte seine Leugnung verboten werden.
Diesbezüglich versteht Serge Klarsfeld die Aufregung der Historiker nicht. Als Anwalt und auch als Vorsitzender der Organisation der Kinder deportierter Juden, hält er dieses Gesetz und auch andere ähnlichen Inhalts als politisch wichtig. Über die Petition die viele Historiker unterschrieben haben und die Abschaffung dieses Gesetzes fordert, sagt Klarsfeld:
"Die Historiker, die da unterschrieben haben, wollen, dass sie die Macht über die Geschichte haben. Doch ihre Aufgabe ist nicht, selbst Geschichte zu schreiben, sondern über Geschichte zu schreiben. Wenn es um Ereignisse geht, die uns noch relativ nah sind oder sogar die Basis politischer Entscheidungen bilden, muss es moralische Eckpfeiler in Form von Gesetzen geben, die uns den Weg weisen."
Hinzuzufügen wäre, dass in Frankreich die Kolaboration betreffend Judendeportationen, jahrzentelang geleugnet oder verschwiegen wurde. Erst 1995 hat Jacques Chirac Frankreichs Mitverantwortung an der Deportation französischer Juden eingestanden.
Dazu der konservative Historiker Pierre Nora:
"Was uns an dem Gesetz gegen die Leugnung des Holocaust gestört hat, trotz aller guten Gründe dafür, war, dass es ein Dammburch war. Und das hat sich seit seiner Verabschiedung vor 15 Jahren gezeigt. Es war der Beginn einer offiziellen Geschichtswahrheit. Dieser Weg, der mit den besten Absichten begonnen wurde - Verteidigung der Juden und ihrer Geschichte - führte dazu, dass immer mehr Gruppen ihre Geschichtsdeutung per Gesetz festschreiben lassen wollen."
Doch nicht nur Pierre Nora sieht durch die von oben verordnete Political Correctness einen Eingriff in die eigenständige Arbeit der Historiker.
In der Petition der Historiker heisst es:
"Die Geschichtsforschung ist heute in nie da gewesener Weise gefährdet. Natürlich gibt es Gruppen in der Gesellschaft, denen man in der Vergangenheit Unrecht getan hat, und die ein moralisches Recht auf Wiedergutmachung haben. Aber eine Festschreibung per Gesetz, wie Vergangenheit zu bewerten ist, diktiert uns Historikern eine offizielle Geschichtsschreibung. Es werden Dogmen festgesetzt, ähnlich wie in totalitären Staaten."
Könnte es nicht so sein, dass die Geschichtsschreibung in Frankreich dermassen eigene Wege gegangen ist, jahrzehntelang ganze Kapitel ungeschrieben liess oder sie auch leugnete, dass da nur noch Gesetze helfen konnten, um den Weg zurück zu finden zu einer einigermassen objektiven Wiedergabe der Geschichte?