Handelt jemand der einem Anderen in selbstloser Art und Weise
„Gutes tut“, wirklich, im wahrsten Sinne des Wortes, selbstlos?
Oder ist es nicht vielmehr so, dass der, der so etwas tut, durchs Bewusst-Werden
der selbstlosen Handlung, seiner Seele Bereicherung zuführt und damit letztendlich
fürs eigene Lebensgefühl einen Gewinn einfährt?
Handelt von daher jeder von uns - vermeintlich Selbstlosen – aus puren Eigennutz?
Oder gibt es tatsächlich so etwas wie reine Selbstlosigkeit im Umgang Miteinander?
gespannt auf Eure Gedanken hierzu
grüsst PRV
Ich vermute, dass man nicht sehr weit kommt, wenn man Eigennutz und Altruismus gegeneinander ausspielt, da es sich meiner Ansicht nach um jeweils zwei Verhaltensextreme handelt, die je nach Situation und gesellschaftlichem Kontext auch noch verschieden wahrgenommen/definiert werden.
Den idealisierten Altruismus oder Eigennutz wird es wohl (fast) nicht geben, das lehrt uns spätestens die Geschichte. Zur Zeit des Nationalsozialismus verhielten sich schätzungsweise um die 100 Wehrmachtssoldaten den Opfern von Massenmorden gegenüber altruistisch; sprich: Sie nahmen z.T. gravierende Nachteile für das eigene (Über)Leben in Kauf, um den Wehrlosen zu helfen. Demgegenüber standen ca. 90% der zum Massenmord abgestellten Soldaten, die sich aktiv beteiligt haben (normale Menschen also, die durch Befehlsgehorsam zum Massenmörder wurden) und ca. 10%, die sich nicht beteiligten (und dafür als Feiglinge galten).
Echter Altruismus im Sinne dessen, dass man bewusst z.T. gravierende Nachteile in Kauf nimmt, um erlebter Unmenschlichkeit/Ungerechtigkeit aktiv zu begegnen, dürfte die absolute Ausnahme sein. Das scheitert allein schon am Umstand, dass hierfür ein enorm autonomes Wertegefüge aus dem Individuum heraus erwachsen muss, damit sich dieses nicht situativ den von der Mehrheit vorgegebenen/vorgelebten Werten/Normen unterordnet. Und selbst wenn dies nicht der Fall ist, müsste außerdem der innere Drang bzw. das Mitleid entsprechend die Rücksichtnahme gegenüber den Angehörigen überstrahlen. Insbesondere, wenn es nicht lediglich ein situatives Handeln aus dem Affekt heraus ist.
Abseits von solchen Zuspitzungen (die eher pessimistisch stimmen) ist das Phänomen meines Erachtens leichter greifbar. Im gewöhnlichen Alltag gilt als Selbstlosigkeit schon eine sehr simple Hilfestellung, die keine direkte/sichtbare Gegenleistung zum Ziel hat. Beispiel: Unser Auto war zu klein, um ein Möbelstück vom Händler nach Hause zu transportieren. Ein Mann bekam das mit und bot uns an, das Möbel mit seinem Kombi zu transportieren. Wir nahmen das Angebot dankend an und er lehnte jegliche von unserer Seite angebotene Form der Gegenleistung ab. Seine Motive kennen wir bis heute nicht, aber fest steht: Er wird einen Grund für sein Verhalten (gehabt) haben. Vielleicht wurde ihm selbst kürzlich auf ähnliche Art geholfen, womöglich war er einfach besonders gut drauf (er wirkte aber ganz normal und nicht euphorisch) oder er tat dies aus weltanschaulicher (religiöser) Überzeugung. Es könnte freilich auch sein, dass er sich dabei und hinterher einfach gut fühlte oder solch ein Verhalten seiner Kinderstube entspricht. Wahrscheinlich dürften mehrere der genannten Gründe irgendwie zutreffen.
Solch pure Ausprägungen von altruistischem Verhalten sind jedoch auch im Alltag eher die Ausnahme und daher bleiben sie in besonderer Erinnerung. Das kleine Helfen zeigt sich weitaus häufiger. Das ist eine Hilfe, die nicht viel kostet: Man möchte auf eine stark befahrene Straße abbiegen und kommt nicht auf die Fahrbahn, bis ein freundlicher Wink einem signalisiert: "Fahr ruhig zu, ich lass dich rein!" Hier darf das Gegenüber damit rechnen, dass ihm selbst die Einfahrt gewährt wird, sollte er der Wartende sein. Ob das somit noch echter Altruismus ist, muss zumindest in Frage gestellt werden. Vielmehr handelt es sich um ein logisches/rationales Verhalten und wer sich (dauerhaft) nicht entsprechend rücksichtsvoll verhält, ist das, was man mit egoistisch oder eben eigennützig bezeichnet. Doch aus Erfahrung weiß ich: Selbst die schlimmsten Verkehrsrowdies verhalten sich zumindest ab und zu rücksichtsvoll.
Ich habe genug geschrieben, ihr seid wieder an der Reihe!