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Zum Tode Robert Gernhardts...

R

Robin

Guest
...fällt mir nichts ein. Das überlasse ich Céline.

Wir trauern um eines der wenigen "Idole" des Forums. Da verzichte ich gar aufs Dichten und spiele lieber:

:gitarre:
 
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Da kann ich auch nur meine tiefe Betroffenheit und Traurigkeit zum Ausdruck bringen.
Die Nachricht vom Tode Robert Gernhardts habe ich durch deinen Beitrag erst erfahren, Robin. Doch ich denke, es wäre auch in seinem Sinne ein passendes Gedicht - es geht auch da um Sprachlosigkeit - hier einzubringen:


Kleine Erlebnisse großer Männer: Kant


Eines Tages geschah es Kant,
daß er keine Worte fand
Stundenlang hielt er den Mund
und er schwieg nicht ohne Grund.

Ihm fiel absolut nichts ein,
drum ließ er das Sprechen sein.

Erst als man ihn zum Essen rief,
wurd' er wieder kreativ,

und sprach die schönen Worte:
"Gibt es hinterher noch Torte?"

 
Bist mir zuvorgekommen,Robin...

Robert Gernhardt verdanke ich so manche literarisch-vergnügte Stunde...unvergessen seine Titanic-Beiträge,unvergessen seine Lesungen...

Sein letztes Spiegel-Interview zeigte einen altersweisen ,geistig immer noch wunderbar wachen Gernhardt,trotzdem er wohl schon schwer erkrankt war.

Er, der wandelnde Sprachwitz,konnte selbst keine Witze erzählen und rang sich in diesem Interview den einzigen ab,den er je unfallfrei erzählen konnte:

Die Pensionswirtin,während sie dem Gast Kaffee einschenkt:"Sieht nach Regen aus."
Der verbindliche Gast:"Aber wenn man genau hinschaut,ist es doch Kaffee."


Ich werde seine für einen Mann recht hohe und schleppende Stimme nie vergessen...
 
Robin schrieb:
...fällt mir nichts ein. Das überlasse ich Céline.

Und mir soll was einfallen? Das Thema Tod macht mich immer sprachlos, der Juni "heulig" und ausgerechnet Gernhardt stirbt mir im Juni auch noch weg.

Wir trauern um eines der wenigen "Idole" des Forums. Da verzichte ich gar aufs Dichten und spiele lieber:

:gitarre:

Wohl wahr! Wie sehr ich ihn liebte, warum sollte ich das ausgerechnet heute auch noch schreiben? Im Forum gibt's genug Beweise. Früher rezitierte ich hier (wie auch privat) so manches Gedicht für die lieben Geburtstagskinder oder bedankte mich mit einem für die guten Wünsche... Auch "Miriams" war dabei...
Kann mich noch gut erinnern, als Gysi mal sagte: "Céline, das passt wie Faust aufs Auge, aber das Gedicht ist gut, den Gernhardt kannte ich noch gar nicht..."

Gernhardt befasste sich mit "Tod" schon früh, manchmal ernsthafter (Litanei vom Schmerz), manchmal auf seine liebe frivole Art (Das Dunkel) und nach seinem Herzinfarkt sogar in einem "Tagebuch in Versen". Jetzt werden weitere Gedichte erscheinen...

"Ach" habe ich hier auch schon "missbraucht", darauf bin ich aber nicht besonders stolz und möchte es ihm irgendwie halt zurückgeben:

Ach, noch in der letzten Stunde
werde ich verbindlich sein.
Klopft der Tod an meine Türe,
rufe ich gschwind: Herein...

Woran soll es gehen? Ans Sterben?
Hab ich zwar noch nie gemacht,
doch wir werden das Kind schon schaukeln...
na, das wär' ja gelacht.

Interessant, so ne Sanduhr.
Ja, die halte ich gern mal fest.
Ach... und das ist ihre Sense?
Und die gibt mir dann den Rest?

Wohin soll ich mich jetzt wenden?
Links? Von Ihnen aus gesehen?
Ach... von mir aus. Bis zur Grube?
Und wie soll es weitergehen?

Ja... die Uhr ist abgelaufen.
Wollen Sie die jetzt zurück?
Gibt's die irgendwo zu kaufen?
Ein so ausgefallnes Stück.

Findet man nicht alle Tage
womit ich nur sagen will...
Ach... ich soll heir nichts mehr sagen?
Geht in Ordnung. Bin schon...
 
Im Januar las Gernhardt als Gast-Professor an der Heinrich-Heine Universität in Düsseldorf.
Studenten jeder Fakultät, aber auch Nichtstudenten waren als Hörer in seinen Vorlesungen willkommen. Aus schulischen Gründen konnte ich leider zu keiner seiner Lesungen, die schon bald Kultstatus erreichten. Zum Geburtstag erhielt ich als Entschädigung Gernhardts Gedichtband "Im Glück und anderswo".
Das folgende Gedicht ist aus "Katerpoesie". Ich finde es toll.


Folgen der Trunksucht
von Robert Gernhardt

Seht ihn an, den Texter.
Trinkt er nicht, dann wächst er.
Mißt nur einen halben Meter -
weshalb, das erklär ich später.

Seht ihn an, den Schreiner.
Trinkt er, wird er kleiner.
Schaut, wie flink und frettchenhaft
er an seinem Brettchen schafft.


Seht ihn an, den Hummer.
Trinkt er, wird er dummer.
Hört, wie er durchs Nordmeer keift,
ob ihm wer die Scheren schleift.


Seht sie an, die Meise.
Trinkt sie, baut sie Scheiße.
Da! Grad rauscht ihr drittes Ei
wieder voll am Nest vorbei.


Seht ihn an, den Dichter.
Trinkt er, wird er schlichter.
Ach, schon fällt ihm gar kein Reim
auf das Reimwort "Reim" mehr ein.




Rhona
 
"Lieber Gott, nimm es hin,
dass ich was Besond’res bin
Und gib ruhig einmal zu
Dass ich klüger bin als Du.
Preise künftig meinen Namen,
denn sonst setzt es etwas.
Amen."

[Robert Gernhardt]
 
Also irgendwelche "Betroffenheitsbekenntnisse" gibts von mir hier nicht ...

Ohne Zweifel war Gernhardt jemand, der zu seiner Zeit, den sogenannten Kulturbetrieb auf kleine und bescheidene Weise durchrüttelte.

Ferner hatte der Sprachspieler Gernhardt einen sehr eigenen Humor und ein treffendes Gespür für zeitgeistige Satire.

Von mir immer wieder gerne gelesen waren etwa die unter dem Pseudonym "Hans Mentz" im Satiremagazin "Titanic" veröffentlichten "Humorkritiken".

Seine "Toskanatherapie" etwa traf satirisch auf einmalige Weise ein bestimmtes Lifestyle-Phänomen der achziger Jahre. Aus heutiger Sicht wirkt das Büchlein allerdings schon seltsam angestaubt-anachronistisch. Gernhardt gehörte eben nicht zu den Manns, Döblins und (dem meiner Meinung nach maßlos überschätzdem Grass), deren Werke die Weihen des Zeitlosen erlangt haben. Das ist aber im Übrigen weder schlimm, noch diskreditiert es sein Schreiben.

Im Gegenteil, wie schon vom Threadsteller festgestellt, sind große Teile dieses Forums, allen voran natürlich der "Schreibstil" von solchen Schreibern wie etwa Max Gold und eben auch Robert Gernhard stark beeinflußt wenn nicht gar indirekt (mit)kreiert worden.

Und zum Schluss einen Zweizeiler von ihm, der ihm damals - laut der quasiautobiographischen "Göttinger Geschichten" - doch richtig Ärger eingehandelt hat:

"Goethe spielt Flöte
auf Schiller sein Piller"​
 
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dyonysos schrieb:
Also irgendwelche "Betroffenheitsbekenntnisse" gibts von mir hier nicht ...

Von mir auch nicht!
Auch wenn mir Gernhardts Sachen gefallen haben.

Mein Nachruf:
Er starb, das ist schade.
Nun liebt ihn die Made.

Gerade hörte ich in Ö1 ein kleines Gedicht von ihm, das so endete:

....Menschen schaun mir nach -
das war der Gernhardt! Ach!

Also ciao, Gernhardt!
 
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