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Zum Tode des Schriftstellers und Psychologen Dan Bar-On

Miriam

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26. Juni 2005
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9.722
Er war einer der wichtigsten Vermittler zwischen Israelis und Palästinensern, aber auch zwischen den Kindern der Holocaustopfer oder Holocaustüberlebenden – und den Kindern der NS-Täter.
Im Rahmen der Körber-Stiftung hat Dan Bar-On, der eigentlich Professor für Psychologie an der Ben-Gurion-Universität in Beer Sheva war, viele Jahre das Projekt "Dan Bar-On Dialogue Training" begleitet.
In den letzten Jahren galt seine Arbeit und auch sein schriftstellerisches Werk mehr den Israel-Palästina Konflikt.

Seine Schlussfolgerungen aus seiner Arbeit mit den Gruppen die sich in einem Dialog versuchen anzunähern, fasste er so zusammen:


"Was ich durch meine Forschungen gelernt habe, ist, dass wir alle aus einer Collage verschiedener Teile zusammengesetzt sind, die wir als kohärent darzustellen versuchen, aber sie sind überhaupt nicht kohärent.
Darum ist die Dialogarbeit zwischen den verschiedenen Teilen sehr wichtig. Viele haben Schwierigkeiten, das anzuerkennen. Sie wollen, dass immer alles zusammenpasst. Aber das ist ein romantisches Menschenbild von vor hundert Jahren. Heute wissen wir, das kann es gar nicht geben."


Seine beiden großen Projekte bezeichnete er als sehr unterschiedlich, da im Falle der Opfer des Holocaust, das historische Drama schon 60 Jahre zurückliegt und die Frage der Opfer-Täter Rollen sehr eindeutig zu beantworten sei.

Was den Konflikt zwischen Israel und Palästina betrifft, sei dieser noch voll im Gange und es herrscht immer wieder Uneinigkeit bei jeder neuen Eskalation, betreffend die Opfer-Täter Rollen.

Im Jahr 2003 erschien sein Buch "Die Last des Schweigens – Gespräche mit Kindern von NS-Tätern" – eines der wichtigsten Werke der so genannten Verständigungs-Literatur.
Die Recherchen zum Buch begann Dan Bar-On schon in den achtziger Jahren – sie erwiesen sich für den ersten Israeli der dieses Thema in Deutschland anging, sehr schwierig.

Die Nachkommen der stark NS-geprägten Familien, befanden sich in einem Konflikt mit der belastenden Vergangenheit und wussten nicht wie sie mit dieser umgehen könnten (was ja gut zu verstehen ist).
Dan Bar-On entdeckt in dem was seine Dialogpartner erzählen, große Widersprüche – und spricht sie bei denen an, ohne jedoch zu moralisieren, das ist auch einer seiner großen Verdienste.

Außer seiner Professur für Psychologie an der Ben-Gurion Universität in Beer Sheva, war Bar-On auch Co-Direktor vom "Peace Research Institute in the Middle East" (PRIME) in Beit Jala.

Für seine engagierte Arbeit wurde Dan Bar-On unter anderen mit folgenden Preisen ausgezeichnet:
- Bundesverdienstkreuz (2001)
- Alexander Langer Preis (2001)
- Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis (2003)

Dan Bar-On starb am 4.9.08 in Tel-Aviv, im Alter von 69 Jahren.
 
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