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Lieblingsgedichtssammlung

AW: Lieblingsgedichtssammlung

@FirstDay

Darüber lässt sich diskutieren - wenn wir uns
die Zeit dafür nehmen können und wollen.

Was soll denn die Überschrift
Gedichtsammlung sagen? - Selbstverständlich nicht,
dass hier ganze Sammlungen stehen dürfen. Denke
ich.

Aber vielleicht doch Zitate aus Gedichten ???

Herzliche Grüße
vom "VersSammler"
Reinhard70

P.S.: Habe noch mal oben nachgeschaut:
Du wolltest offenbar eine Sammlung von Lieblingsgedichten
hier sehen. - Da müssten m.E. mehr Menschen mitmachen.
 
Zuletzt bearbeitet:
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AW: Lieblingsgedichtssammlung

... zudem sind die Grenzen ohnehin fließend, wenn man etwa an Erich Fried z.B. denkt, der m.E. eher Aphorismen als Gedichte geschrieben hat - aber inhaltlich sind sie ja dennoch beeindruckend - ähnlich der hier schon mehrfach erwähnte Kurt Marti, von dem auch das folgende stammt:

es ostert

ist
alles was lebt ein wunder
oder
nur kosmischer zufall?

folgt
der fortschritt einem eden-projekt
oder
spielt er russisches roulette?

sind
menschen wenig geringer als engel
oder
missratene tiere?

ist
kampf der vater der dinge
oder
hält liebe die welt zusammen?

ist
gott unendlich überströmende vielfalt
oder
die schlichtheit in person?

ist
alles auch noch anders ganz anders
und
ostern der schlüssel dazu?


(jeweils die zweiten und vierten zeilen müssten eingerückt sein, aber das gibt das system nicht her, sorry)
 
AW: Lieblingsgedichtssammlung

Hier wird's einfacher. Die sind sogar
durchnummeriert und gar nicht "verrückt":

1.Ich schlage vor, das Auto dort drüben abzustellen.
2.Ich würde es dort drüben parken.
3.Da ist noch ein Platz!
4.Wäre das dort nicht ein Platz für uns?
5.Ich sehe ein Plätzchen.
6.Auch da drüben ist kein winziges Plätzchen zu finden.
7.Da drüben, da können Sie ihn hinstellen.
8.Ich schlage Ihnen vor, die Kiste dort drüben loszuwerden.
9.Könn Se die Kiste nich da drübn loswern?
- Erich Fried
______________________________

P.S. (RvN): Vielleicht kriegen Se sogar noch ne Prämie?
 
AW: Lieblingsgedichtssammlung

Heute will ich fröhlich, fröhlich sein,
Keine Weis' und keine Sitte hören;
Will mich wälzen und für Freude schrein,
Und der König soll mir das nicht wehren;

Denn er kommt mit seiner Freuden Schar
Heute aus der Morgenröte Hallen,
Einen Blumenkranz um Brust und Haar
Und auf seiner Schulter Nachtigallen;

Und sein Antlitz ist ihm rot und weiß,
Und er träuft von Tau und Duft und Segen –
Ha! Mein Thyrsus sei ein Knospenreis,
Und so tauml' ich meinem Freund entgegen.

Mathias Claudius: Am ersten Maimorgen
 
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Wilhelm Busch (1832-1908)

Niemals

Wonach du sehnlich ausgeschaut,
Es wurde dir beschieden.
Du triumphierst und jubelst laut:
jetzt hab ich endlich Frieden!

Ach, Freundchen, rede nicht so wild,
Bezähme deine Zunge!
Ein jeder Wunsch, wenn er erfüllt,
Kriegt augenblicklich Junge.​
 
AW: Lieblingsgedichtssammlung

Rose und Purpurblüte

Was Schönheit sei?
Sie ist ein Traum
Voll Freude und seliger
Schauer:
Delphine meiden den seichten
Schaum,
Und Tiefen sind voller Trauer.

Die Rosenblätter flattern herab
Und wirbeln um mein Gemüte,
Doch wo die Rose erstirbt im
Grab,
Da wächst mir die
Purpurblüte.

Herman_Melville
 
AW: Lieblingsgedichtssammlung

Natur ist glücklich. Doch in uns begegnen
sich zuviel Kräfte, die sich wirr bestreiten:
wer hat ein Frühjahr innen zu bereiten?
Wer weiß zu scheinen? Wer vermag zu regnen?

Wem geht ein Wind durchs Herz, unwidersprechlich?
Wer faßt in sich der Vogelflüge Raum?
Wer ist zugleich so biegsam und gebrechlich
wie jeder Zweig an einem jeden Baum?

Wer stürzt wie Wasser über seine Neigung
ins unbekannte Glück so rein, so reg?
Und wer nimmt still und ohne Stolz die Steigung
und hält sich oben wie ein Wiesenweg?


Rainer Maria Rilke
http://de.wikipedia.org/wiki/Rainer_Maria_Rilke

Aus: Die Gedichte 1910 bis 1922 (München, Frühjahr 1919)​
 
AW: Lieblingsgedichtssammlung

Das Rosen-Innere

Wo ist zu diesem Innen
ein Außen? Auf welches Weh
legt man solches Linnen?
Welche Himmel spiegeln sich drinnen
in dem Binnensee
dieser offenen Rosen,
dieser sorglosen, sieh:
wie sie lose im Losen
liegen, als könnte nie
eine zitternde Hand sie verschütten.
Sie können sich selber kaum
halten; viele ließen
sich überfüllen und fließen
über von Innenraum
in die Tage, die immer
voller und voller sich schließen,
bis der ganze Sommer ein Zimmer
wird, ein Zimmer in einem Traum.

Rainer Maria Rilke​
 
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Möwenflug
Möwen sah um einen Felsen kreisen
Ich in unermüdlich gleichen Gleisen,
Auf gespannter Schwinge schweben bleibend,
Eine schimmernd weiße Bahn beschreibend,
Und zugleich in grünem Meeresspiegel
Sah ich um dieselben Felsenspitzen
Eine helle Jagd gestreckter Flügel
Unermüdlich durch die Tiefe blitzen.
Und der Spiegel hatte solche Klarheit,
Daß sich anders nicht die Flügel hoben
Tief im Meer, als hoch in Lüften oben,
Daß sich völlig glichen Trug und Wahrheit.

Allgemach beschlich es mich wie Grauen,
Schein und Wesen so verwandt zu schauen,
Und ich fragte mich, am Strand verharrend,
Ins gespenstische Geflatter starrend:
Und du selber? Bist du echt beflügelt?
Oder nur gemalt und abgespiegelt?
Gaukelst du im Kreis mit Fabeldingen?
Oder hast du Blut in deinen Schwingen?
Conrad Ferdinand Meyer

http://de.wikipedia.org/wiki/Conrad_Ferdinand_Meyer

 
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Hier lieg ich auf dem Frühlingshügel:
Die Wolke wird mein Flügel,
Ein Vogel fliegt mir voraus.
Ach, sag mir, alleinzige Liebe,
Wo du bleibst, daß ich bei dir bliebe!
Doch du und die Lüfte, ihr habt kein Haus.

Der Sonnenblume gleich
Steht mein Gemüte offen,
Sehnend, sich dehnend
In Lieben und Hoffen.
Frühling, was bist du gewillt?
Wann werd' ich gestillt?

Die Wolke seh ich wandeln und den Fluß,
Es dringt der Sonne goldner Kuß
Mir tief bis ins Geblüt hinein;
Die Augen wunderbar berauschet
Tun, als schliefen sie ein,
Nur noch das Ohr dem Ton der Biene lauschet.

Ich denke dies und denke das,
Ich sehne mich und weiß nicht recht nach was:
Halb ist es Lust, halb ist es Klage;
Mein Herz, o sage,
Was webst du für Erinnerung
In golden Grüner Zweige Dämmerung?
Alte unnennbare Tage!

- Eduard Mörike 1804-1875
 
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