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Lieblingsgedichtssammlung

AW: Lieblingsgedichtssammlung

An sich http://www.gedichte.vu/an_sich.html

Sei dennoch unverzagt! Gib dennoch unverloren!
Weich keinem Glücke nicht, steh höher als der Neid,
Vergnüge dich an dir, und acht es für kein Leid,
Hat sich gleich wider dich Glück, Ort und Zeit verschworen.

Was dich betrübt und labt, halt alles für erkoren,
Nimm dein Verhängnis an, lass alles unbereut.
Tu, was getan sein muss, und eh man dirs gebeut.
Was du noch hoffen kannst das wird noch stets geboren.

Was klagt, was lobt man doch? Sein Unglück und sein Glücke
Ist sich ein jeder selbst. Schau alle Sachen an:
Dies alles ist in dir. Lass deinen eitlen Wahn,

Und eh du fürder gehst, so geh in dich zurücke.
Wer sein selbst Meister ist, und sich beherrschen kann,
Dem ist die weite Welt und alles untertan.


Paul Fleming (1609-1640) http://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Fleming
 
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AW: Lieblingsgedichtssammlung

Waldweg

Durch einen Nachbarsgarten ging der Weg,
Wo blaue Schlehn im tiefen Grase standen;
Dann durch die Hecke über schmalen Steg
Auf eine Wiese, die an allen Randen
Ein hoher Zaun vielfarb'gen Laubs umzog;
Buscheichen unter wilden Rosenbüschen,
Um die sich frei die Geißblattranke bog,
Brombeergewirr und Hülsendorn dazwischen;
Vorbei an Farrenkräutern wob der Eppich
Entlang des Walles seinen dunklen Teppich.
Und vorwärtsschreitend störte bald mein Tritt
Die Biene auf, die um die Distel schwärmte,
Bald hörte ich, wie durch die Gräser glitt
Die Schlange, die am Sonnenstrahl sich wärmte.
Sonst war es kirchenstill in alle Weite,
Kein Vogel hörbar; nur an meiner Seite
Sprang schnaufend ab und zu des Oheims Hund;
Denn nicht allein wär ich um solche Zeit
Gegangen zum entlegnen Waldesgrund;
Mir graute vor der Mittagseinsamkeit. -
Heiß war die Luft, und alle Winde schliefen;
Und vor mir lag ein sonnig offner Raum,
Wo quer hindurch schutzlos die Steige liefen.
Wohl hatt ich's sauer und ertrug es kaum;
Doch rascher schreitend überwand ich's bald.
Dann war ein Bach, ein Wall zu überspringen;
Dann noch ein Steg, und vor mir lag der Wald,
In dem schon herbstlich rot die Blätter hingen.
Und drüberher, hoch in der blauen Luft,
Stand beutesüchtig ein gewalt'ger Weih,
Die Flügel schlagend durch den Sonnenduft;
Tief aus der Holzung scholl des Hähers Schrei.
Herbstblätterduft und Tannenharzgeruch
Quoll mir entgegen schon auf meinem Wege,
Und dort im Walle schimmerte der Bruch,
Durch den ich meinen Pfad nahm ins Gehege.
Schon streckten dort gleich Säulen der Kapelle
Ans Laubgewölb die Tannenstämme sich;
Dann war's erreicht, und wie an Kirchenschwelle
Umschauerte die Schattenkühle mich.

Theodor Storm
 
AW: Lieblingsgedichtssammlung

An die Sonne

Schöner als der beachtliche Mond und sein geadeltes Licht,
Schöner als die Sterne, die berühmten Orden der Nacht,
Viel schöner als der feurige Auftritt eines Kometen
Und zu weit Schönrem berufen als jedes andere Gestirn,
Weil dein und mein Leben jeden Tag an ihr hängt, ist die Sonne.

Schöne Sonne, die aufgeht, ihr Werk nicht vergessen hat
Und beendet, am schönsten im Sommer, wenn ein Tag
An den Küsten verdampft und ohne Kraft gespiegelt die Segel
Über dein Aug ziehn, bis du müde wirst und das letzte verkürzt.

Ohne die Sonne nimmt auch die Kunst wieder den Schleier,
Du erscheinst mir nicht mehr, und die See und der Sand,
Von Schatten gepeitscht, fliehen unter mein Lid.

Schönes Licht, das uns warm hält, bewahrt und wunderbar sorgt,
Dass ich wieder sehe und dass ich dich wiederseh!

Nichts Schönres unter der Sonne als unter der Sonne zu sein...

Nichts Schönres als den Stab im Wasser zu sehn und den Vogel oben,
Der seinen Flug überlegt, und unten die Fische im Schwarm,

Gefärbt, geformt, in die Welt gekommen mit einer Sendung von Licht,
Und den Umkreis zu sehn, das Geviert eines Felds, das Tausendeck meines Lands
Und das Kleid, das du angetan hast. Und dein Kleid, glockig und blau!
Schönes Blau, in dem die Pfauen spazieren und sich verneigen,
Blau der Fernen, der Zonen des Glücks mit den Wettern für mein Gefühl,
Blauer Zufall am Horizont! Und meine begeisterten Augen
Weiten sich wieder und blinken und brennen sich wund.

Schöne Sonne, der vom Staub noch die größte Bewundrung gebührt,
Darum werde ich nicht wegen dem Mond und den Sternen und nicht,
Weil die Nacht mit Kometen prahlt und in mir einen Narren sucht,
Sondern deinetwegen und bald endlos und wie um nichts sonst
Klage führen über den unabwendbaren Verlust meiner Augen.


Ingeborg Bachmann
 
AW: Lieblingsgedichtssammlung

An die Sonne
....
Und das Kleid, das du angetan hast. Und dein Kleid, glockig und blau!
Schönes Blau, in dem die Pfauen spazieren und sich verneigen,
Blau der Fernen, der Zonen des Glücks mit den Wettern für mein Gefühl,
Blauer Zufall am Horizont! Und meine begeisterten Augen
Weiten sich wieder und blinken und brennen sich wund.
.....
Ingeborg Bachmann

Ich habe mir erlaubt, in diesem Gedicht ein wenig herumzumalen ...

LG, moebius
 
AW: Lieblingsgedichtssammlung

Ich habe mir erlaubt, in diesem Gedicht ein wenig herumzumalen ...

LG, moebius

Und warum wird nicht auch die Sonne gelb und der Tod schwarz gemalt? Gegen farbliche Betonungen habe ich ja nichts, aber mit willkürlichen Reduzierungen, die den Grund, der die Begeisterung ermöglicht, und den Preis, den sie kostet, verschweigt, bin ich nicht einverstanden.

LG Kaawi
 
AW: Lieblingsgedichtssammlung

Und warum wird nicht auch die Sonne gelb und der Tod schwarz gemalt? Gegen farbliche Betonungen habe ich ja nichts, aber mit willkürlichen Reduzierungen, die den Grund, der die Begeisterung ermöglicht, und den Preis, den sie kostet, verschweigt, bin ich nicht einverstanden.

LG Kaawi

Gerne male ich die Sonne so: :blume2:.
Und den Tod male ich deshalb nicht schwarz, weil er aus meiner unmaßgeblichen trans-zen-dental-philo-kosmologischen Perspektive kein Grund für die Trauer ist - wobei mir die Trauer :schnt: als psychische Reaktion auf den Tod eines vertrauten Menschen sehr wohl bekannt ist ...
Im Übrigen geht es mir nicht um Begeisterung, sondern nur um Be-Geist-ung ...

LG, moebius
 
AW: Lieblingsgedichtssammlung

My mistress' eyes are nothing like the sun;
Coral is far more red than her lips' red;
If snow be white, why then her breasts are dun;
If hairs be wires, black wires grow on her head.
I have seen roses damasked, red and white,
But no such roses see I in her cheeks;
And in some perfumes is there more delight
Than in the breath that from my mistress reeks.
I love to hear her speak, yet well I know
That music hath a far more pleasing sound;
I grant I never saw a goddess go;
My mistress when she walks treads on the ground.
And yet, by heaven, I think my love as rare
As any she belied with false compare.

:kuesse:(Sonnet 130)

- William Shakespeare
 
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Aus DER PILGER

von Joseph Freiherr von Eichendorff


Bald wird es rings so schwüle,
Die Welt eratmet kaum,
Berg', Schloß und Wälder kühle,
Stehn lautlos wie im Traum,
Und ein geheimes Grausen
Beschleichet unsern Sinn;
Wir sehnen uns nach Hause
Und wissen nicht, wohin?
 
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DER EINGEWEIHTE

Aus dem Tambourin hat er gegessen
Aus der Zymbel hat er getrunken
Ein

Knabe hockend im Reisfeld
Furcht mit dem Finger
Die schwarze Erde
Ein

Knabe springt über
Gespiegelte Wolken
Hierhin dorthin
Unter den Wolken
Ein

Knabe hebt seine
Stimme und Schwärme
Von Worten gehen
Wie Vogelzüge
Aus seiner Brust.

Irgendwo inmitten
Der brüllenden Städte
Ich
Senke das Antlitz
Schreibe.

Marie Luise Kaschnitz
 
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AW: Lieblingsgedichtssammlung

Lebensleiter v. Eugen Roth

Wir sehen es mit viel Verdruß,
was alles man erleben muß;
und doch ist jeder darauf scharf,
daß er noch viel erleben darf.
Wir alle steigen ziemlich heiter
empor auf unsrer Lebensleiter:
Das Gute, das wir gern genossen,
das sind der Leiter feste Sprossen.
Das Schlechte - wir bemerkens kaum -
ist nichts als leerer Zwischenraum.
 
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