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Kritik der Demokratie

Molay

New Member
Registriert
28. Januar 2003
Beiträge
51
Auf Anregung von Gisbert habe ich beschlossen dieses Thema zu eröffnen:

Eine konstruktive Kritik an der Demokratie. Hierbei möchte ich um Stellungnahmen zu zwei Punkten bitten:

1. Das eigene Verständnis von Demokratie

2. Die eigene Ansicht über ihre Schwächen und Entwicklungsmöglichkeiten

Danke und Grüße,

Molay
 
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Wo?

Eine (provokante?) Frage:

Wo, außer vielleicht ansatzweise in der Schweiz, gibt es denn eine Demokratie?
 
Nur eine Anregung....

Soll jetzt keine persönliche Anmache sein, nur eine Gedankenanregung:
Ich finde Leute ein bisschen neben den Gleisen, die nur über Politiker und Strukturen meckern können, aber - im politischen Rahmen - nie über sich!
Oder: In einer Demokratie hat das Volk immer die Politik und die Politiker, die es verdient.
2. Wir haben eine Demokratie, und wir haben eine funktionierende Demokratie.
3. Was manchmal nicht funktioniert, ist das Verantwortungsbewusstsein, die politische Reife, der Bürger...

GG
 
Ein Anfang meinerseits:

Ich will mal anfangen über das Modell der Demokratie in der Schweiz hinaus Ansichten zu äußern:

1. Demokratie, dem Worte nach die Herrschaft des Volkes, ist in unseren Tagen hauptsächlich eine repräsentative Demokratie. Das Volk wählt sich in Parlamenten Repräsentaten, welche die Gesetzgebung vollziehen sollen und die Arbeit der Regierung kontrollieren. Dies geschieht zudem noch nach dem Mehrheitsprinzip.
In einigen Fällen kommen vielleicht noch Volksabstimmungen hinzu (ich nehme an, dass hier deshalb die Schweiz angeführt wurde) in denen das Volk Gesetzesentwürfe der politischen Klasse annimmt oder eben nicht.

2. Dieses System postuliere ich hier als die unterste Stufe der Demokratie. Das Volk herrscht nicht, es sucht sich nur in Intervallen aus, von wem es beherrscht wird. Herrschaft bedeutet, die Regeln für das eigene und/oder das Zusammenleben selbst festzulegen. In keinem Falle aber ist das Volk, oder auch nur eine Mehrheit des Volkes derart in den Gesetzgebungsprozeß eingebunden, dass von Herrschaft des Volkes die Rede sein kann. Das Volk deponiert seine Souveränität in der Urne und begräbt sie alle vier Jahre neu.
Minderheiten, welche über große Machtmittel und eine gute Organisation verfügen, können zudem einen großen Einfluß auf den Gesetzgebungsprozeß nehmen, indem sie Teile oder die Gesamtheit der Exekutive und der Legislative "kaufen", durch Gefälligkeiten und Beziehungen positionieren und/oder durch Einfluß auf die vierte Staatsgewalt, die Medien, unter Druck setzen.
Mein Verbesserungsvorschlag: Die Entscheidungseinheiten auf kleinere Kreise beziehen (Subsidiarität). Wenn die Beziehungen zwischen Wahlvolk und gewähltem Volk enger werden, sogar eine einfache Kontaktaufnahme möglich ist, dann wird es für das gewählte Individuum schwerer, die o.g. Einflüsse geheimzuhalten. Somit entstünde ein größerer Verantwortungsdruck auf die politische Klasse, aber auch auf die regierten, denn die Verantwortung würde nicht alle vier Jahre an der Urne abgegeben. Die Tendenz in diesem System sollte sein: Selbstbeherrschung des Einzelnen unter beibehaltung der Solidarität innerhalb der Gemeinschaft.

Grüße,

Molay
 
Re: Nur eine Anregung....

Original geschrieben von Gisbert Zalich
Soll jetzt keine persönliche Anmache sein, nur eine Gedankenanregung:
Ich finde Leute ein bisschen neben den Gleisen, die nur über Politiker und Strukturen meckern können, aber - im politischen Rahmen - nie über sich!
Oder: In einer Demokratie hat das Volk immer die Politik und die Politiker, die es verdient.
2. Wir haben eine Demokratie, und wir haben eine funktionierende Demokratie.
3. Was manchmal nicht funktioniert, ist das Verantwortungsbewusstsein, die politische Reife, der Bürger...

GG

Naja, das nehme ich in meinen Punkt mit auf, die Frage aber bleibt: Wieso schiebt der Mensch so gern auf andere?

Zu 2.:
Ich bestreite nicht, dass man dem gegenwärtigen System diesen Namen geben kann, nur dass er angemessen im wortwörtlichen Sinne ist, bezweifle ich. Und dass dieses System funktioniert, stelle ich nicht in Frage, sondern nur für wenn es funktioniert.

Zu 3.:
Könnte ews nicht tatsächlich auch am System liegen, dass Verantwortungsbewußtsein und politische Reife bei vielen Menschen nicht ausgebildet werden?
 
Re: Ein Anfang meinerseits:

Original geschrieben von Molay
Die Entscheidungseinheiten auf kleinere Kreise beziehen (Subsidiarität). Wenn die Beziehungen zwischen Wahlvolk und gewähltem Volk enger werden, sogar eine einfache Kontaktaufnahme möglich ist, dann wird es für das gewählte Individuum schwerer, die o.g. Einflüsse geheimzuhalten.

Aber das gibt es doch schon und nennt sich Wahlen auf Stadt/Gemeindedeebene?
Im Grossen: 100 Millionen Menschen können keine enge Beziehung zu einem Politiker haben, also würde es nach Deinem System keine grossen Entscheidungen mehr geben? Z.B. ein landesweit einheitliches Umweltschutzgesetz?
 
Re: Re: Ein Anfang meinerseits:

Original geschrieben von walter
Aber das gibt es doch schon und nennt sich Wahlen auf Stadt/Gemeindedeebene?
Im Grossen: 100 Millionen Menschen können keine enge Beziehung zu einem Politiker haben, also würde es nach Deinem System keine grossen Entscheidungen mehr geben? Z.B. ein landesweit einheitliches Umweltschutzgesetz?

Wahlen aug kommunaler Ebene halte ich nicht nur für gut, sondern für am besten und demokratischsten von allen Wahlen, die uns offen stehen - zumindest im Potential. Allerdings wird dieses Potential nicht genug ausgeschöpft. Die Situation der Kommunen in der BRD ist ja nicht zuletzt dadurch entstanden, dass sie zwar den Hauptteil der direkten staatlichen Leistungen an den Bürger weitergeben, jedoch einen Witz an Mitbestimmungsrecht in den diesbezüglichen Entscheidungen haben.
Was den Umweltschutz betrifft: Ich glaube kaum, dass sich auf kommunaler Ebene Wahlen mit der Ankündigung von Giftmülldeponien oder End- bzw. Zwischenlagern für Atommüll gewinnen ließen. Dies zeigt sich in Gorsleben aber auch in Frankfurt, wo selbst die CDU auf kommunaler Ebene gegen einen Flughafenausbau argumentiert.
Hinzu noch eine Frage: Was sind große Entscheidungen für dich? Moralisch betrachtet gibt es diese Entscheidungen eigentlich gar nicht, oder? Ich meine so in Richtung Krieg oder Frieden, soziale Gerechtigkeit oder Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen sind meiner Ansicht nach die Fragen nur offen, weil es genug mächtige Minderheiten gibt, welche an einer konsequenten Beantwortung der Fragen kein Interesse haben!

Grüße,

Molay
 
Das beantwortet ja meine Frage nicht, bleiben wir bei meinem Beispiel: angenommen auf kommunaler Ebene funktioniert alles bestens, wie funktioniert Dein System wenn es z.B. um ein landesweit einheitliches Umweltschutzgesetz geht?
 
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Landesweit

Original geschrieben von walter
Das beantwortet ja meine Frage nicht, bleiben wir bei meinem Beispiel: angenommen auf kommunaler Ebene funktioniert alles bestens, wie funktioniert Dein System wenn es z.B. um ein landesweit einheitliches Umweltschutzgesetz geht?

Mal im Ernst Walter:
Wer braucht landesweite Gesetze, wenn alle damit beschäftigt sind, vor der eigenen Haustür zu kehren. Der Bedarf an solchen Gesetzen ist doch erst dadurch entstanden, dass sich Kommunen nicht alleine gegen Umweltverschmutzung wehren konnten, weil ihnen dazu die legislativen Mittle fehlten. Ein Bürgermeister, der nicht durch eine Demo-Speerzone wie die Berliner Staatsverweser geschützt ist, der wird sich hüten, Schadstoffemissionen und Giftmülldeponien in seiner Kommune zu autorisieren, wenn er weiß, dass ihm Mütter und Väter Krebskranker Kinder in seinem eigenen Rathaus die Hölle heiß machen werden.
Nun gebe ich zu, dass es globale Probleme hinsichtlich deines Biespiels geben kann, doch dass unser derzeitiges Modell da besser funktionieren würde, als mein Vorschlag, kann ich beim besten Willen nicht erkennen.
Vielmehr denke ich, dass sich durch mein dezentrales Modell die Menschen viel schneller darüber im Klaren sein werden, dass es an ihnen selbst und ihrem Produktions- und Konsumverhalten hängt, an ihrer eigenen Kultur.

Grüße,

Molay
 
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