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Jonathan Meese

Joachim Stiller

Well-Known Member
Registriert
9. Januar 2014
Beiträge
24.002
In diesem Thread soll es einmal um den deutschen Künstler Jonathan Meese gehen... Hier zunächst ein kganz witziges Kurzvideo:

 
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Es gibt von Jonathan Meese dei Werkstattgespräche zur Kunst, in denen er seine Diktatur der K.U.N.S.T. propagiert... Die Werkstattgespräche von Jonathan Meese haben inzwischen Kultstatus... Das folgende Gespräch vom 06.11.2016 hat es mir besonders angetan, und ich möchte mich nachher in einem Aufsatz unmittelbar auf dieses Gespräch...

 
Ich habe im zweiten Teil meiner Ästhetik mal einen Aufsatz zu Jonathan Meese geschrieben, der sich unmittelabr auf das Werkstattgespräch von Jonathan Meese vom 06.11.2016 in Berlin bezeiht:

http://joachimstiller.de/download/aesthetik_aesthetik_allgemein2.pdf

Jonathan Meese

Ich versuche mal, zu formulieren, was mich an Meese so irritiert... Es ist gar nicht so sehr die Tatsache, dass Jonathan so sehr in eine Opposition zu seiner Mutter geht... Und es ist auch nicht die Tatsache, dass ich die Einschätzung von Frau Meese für komplett irreal halte... Ich selbst beschäftige mich auch mit den Zeitläufen und der sogenannten Zeitgeschichte, und ich habe in Bezug auf die Kunst einen komplett andern Eindruck, eine komplett andere Wahrnehmung... ich empfinde nach wie vor die meiste Kunst als in jeder Hinsicht unpolitisch...Aber vielleicht entgeht mir auch vieles, denn ich stecke absolut nicht drin, im Kunstbetrieb...

Aber nun zu Jonathan selbst...Verblüfft war ich gleich ganz zu Beginn, dass Jonathan zwischen Malerei (von Bildern) und Kunst unterscheidet... Die Frage, wann ein gemaltes Bild zur Kunst wird, macht er an vor allem diesen vier Kriterien fest:

1. Es muss spielerisch sein, wie das Spiel eines Kindes.
2. Es muss unpolitisch sein, wie das Spiel eines Kindes
3. Es muss ideologiefrei sein, wie das Spiel eines Kindes.
4. Es muss areligiös sein, wie das Spiel eines Kindes.

Dagegen wäre an sich noch nichts einzuwenden, aber dass er die Kunst in diesem Sinne von der Malerei abgrenzt, das stört mich einfach... Denn genau benommen macht er jetzt Vorschriften... Er verpflichtet praktisch jeden Künstler auf seine vier Kunstkriterien... Und das geht nicht, weil er damit selbst ideologisiert und auch selbst politisiert... Wenn auch in einem umgekehrten Sinne... Aber allein dadurch, dass er es anderen Vorschreibt, dass sie 1. spielerisch arbeiten sollen, 2. unpolitisch sein sollen, 3. ideologiefrei sein sollen und 4. areligiös sein sollen, macht er sich selbst zu einem Politikum und zu eine Dogmatiker... Er ideologisiert durch die Hintertür... Eigentlich hätte es ihm egal sein müssen, dass andere Künstler vielleicht auch politisch arbeiten... Ein Bild ist ein Bild, ob politisch oder nicht, ist egal... Jede Malerei ist somit Kunst... Immer... Denn ich hatte ja gesagt: Kunst ist die Manifestation des Bildhaften... Das ist für mich praktisch der kleinste gemeinsame Nenner... Und ich sage jetzt durchaus nicht, dass "alles" Kunst ist... Da ist für mich nur ein interner Meditationsgegenstand... Da kommt es nicht drauf an... Also: Kunst ist die Manifestation (bitte nicht die Materialisation!!!) des Bildhaften.... Und damit ist ausnahmslos jedes gemalte oder gezeichnete Bild und jede angefangene Skulptur oder Plastik Kunst... Ganz grundsätzlich... Was mich also stört, ist, das Jonathan hier durch die Hintertür dogmatisch wird... Er hätte besser daran getan, sich umgekehrt in Toleranz zu üben und auch politische, ideologische, religiöse oder auch nicht-spielerische Kunst (für mich ist das alles durchaus Kunst) gelten lassen müssen... Und im Gegenzug hätte er vom Kunstmarkt Toleranz ihm gegenüber als erklärter Maßen nicht-politischem Künstler einfordern müssen, wenn es wirklich wahr ist, was die Mutter festzustellen dürfen glaubt, dass der Kunstmarkt in den letzten Jahren massiv politisch geworden und schwer dabei ist, erklärt unpolitische Kunst auszugrenzen.... Also: Jonathan hätte selbst jeder beliebigen Malerei gegenüber Tolerant sein müssen, um im Gegenzug auch Toleranz des Kunstmarkte ihm selbst gegenüber einfordern zu können... So könnte er den Konflikt in Zukunft auf rein diplomatischem Weg lösen... Ich habe ein bisschen den Eindruck, als sei Jonathan etwas stur, dickköpfig und streitlustig... Und ich habe auch den Eindruck, der Kunstmarkt könnte genau so geworden sein, wenn das stimmt, was Mutter Meese da behauptet... Es wäre in meinen Augen erschreckend... Umso wichtiger scheint mir so eine einfache Tugend zu sein, wie aktive Duldsamkeit und Toleranz... Jonathan hätte sich vielleicht viel Ärger und Ablehnung ersparen können...Vielleicht denkt er ja mal darüber nach... Davon einmal ganz abgesehen, ist es auch in sich nicht stimmig, ja sogar widersprüchlich... Ich hatte ja angedeutet, warum... Jonathan macht sich durch seinen dogmatischen Antiideologismus selbst zum Politikum... Meinetwegen zu einem anarchistischen... Aber eben zu einem Politikum... Und das hätte ich selbst an seiner Stelle unbedingt vermieden.... Ich selbst "habe" es immer vermieden...

Für Meese ist ja gerade "nicht" alles Kunst, so wie vielleicht für mich... Das ist der grundsätzliche Irrtum… Das Politische ist für Meese generell "keine" Kunst... Es verhindert Kunst sogar... "Und" er unterscheidet zwischen Malerei und Kunst... Das heißt doch, nicht einmal alles Bildhafte ist für Jonathan Meese Kunst, sondern nur dann, wenn es - vereinfacht gesagt - unpolitisches Spiel ist... Aber dann ist er weit davon entfernt, zu sagen, dass "alles" Kunst ist...Eigentlich schade, denn das hätte ihm durchs gut gestanden... Wenigstens so ein universeller Kunstbegriff, wie Kunst als die Manifestation des Bildhaften würde ihm ernsthaft gut tun... Vielleicht überdenkt er dann auch seine schroffe Ablehnung gegenüber der politischen Kunst... Diktatur der K.U.N.S.T. ist bei Jonathan Meese ja nur eine Parole, mit der er die Diktatur des Unpolitischen meint, und damit praktisch noch so etwas, die die gute alte Anarchie der Kunst... Meese ist so gesehen ein Anarchist, auch wenn er es nicht offen zugibt... Ich selbst habe das immer anders gesehen... Ich bin ja marxistische politisiert und sozialisiert worden, und da gehörte die Politik, also das Politische, immer mit zum Inventar... Anarchie habe ich immer nur für die Kunst gelten lassen, aber nie für die Politik... Da stand ich immer genau auf der "roten", der kommunistischen Gegenseite... Ich habe das mal in folgendem Aphorismus auf den Punkt zu bringen versucht:

Ich gelte lieber in der Kunst für einen Surrealisten, als in der Politik für einen Anarchisten…

Das trifft es eigentlich ganz gut...

Wie alt ist Jonathan Meese jetzt? 46? Na, er könnte beispielsweise mit 47 sagen: "Nur wer sich ändert, bleibt sich treu"... Er könnte es richtiggehend zum wissenschaftlichen Konzept machen... Und die Diktatur der Kunst könnte er sogar trotzdem aufrechterhalten... Er braucht sie nicht zu verwerfen... Aber er sollte seinen Kunstbegriff überdenken und erweitern... Der ist zu eng, zu rigide und auch zu ängstlich... Und das beschert ihm eben genau die Spannungen und Problem mit dem Kunstmarkt, die er gegenwärtig hat... An den Hochschulen wird er geliebt und gefeiert, wie kaum ein anderer.... Habe es so um 2005 hier bei uns selbst gesehen, wo ich mal auf einer Veranstaltung war.... Damals habe ich ihn noch komplett abgelehnt. Aber inzwischen bin ich tatsächlich völlig begeistert von seinen Bildern... Die Skulpturen und Performances mag ich hingegen nach wie vor nicht... Die taugen nichts...

Fazit:

Der Jonathan verstößt nicht deshalb gegen die political correctnes, weil er erklärter Maßen unpolitisch ist und sein will, wie Frau Meese meint, das wäre ja absurd, sondern Jonathan verstößt allein deshalb gegen die political correctness, weil er das unpolitische zum Dogma erklärt...Er selbst mag ja gerne unpolitisch sein, und ich finde es auch gut und richtig so... Aber er kann es nicht andern Vorschreiben, unpolitisch sein zu müssen, um Künstler zu sein... Das ist der springende Punkt...Eine Diktatur des Unpolitischen (nämlich der K.U.N.S.T.) ist eben auch ein Politikum... Und zwar ganz direkt und unmittelbar... Übrigens hatte ich mal eine Idee für eine Arbeit auf der Documenta 2022... Ich würde gerne eine Haubitze ausstellen, die ich rosa lackieren würde... Titel: "Haubitze - Hier wird mit Kunst geschossen"... Schließlich bricht ja nach Nostradamus 2023 oder 2025 der Dritte Weltkrieg aus... Ich würde da gerne antizipierend drauf hinweisen.... Im ernst, aber ich kann absolut verstehen, was Jonathan meint... Ich sehe vieles ganz ähnlich...Mit abstrichen, versteht sich...

Ich möchte einmal folgende These aufstellen: Ein gutes Kunstwerk hat immer mindestens die folgenden Ebenen:

- eine rein künstlerische, ästhetishe Ebene,
- eine religiöse bzw. spirituelle Ebene,
- eine wissenschaftlich Ebene,
- eine philosophische Ebene,
- eine psychologische Ebene,
- eine politische Ebene.

Das kann man an jedem beliebigen Kunstwerk nachweisen...
 
Nö: Jeder Mensch ist ein Künstler... :)

- Jeder Mensch ist ein Künstler...
- Jeder Mensch ist ein Geistlicher...
- Jeder Mensch ist ein Wissenschaftler...
- Jeder Mensch ist ein Philosoph...
- Jeder Mensch ist ein Psychologe...
- Jeder Mensch ist ein Politiker...
 
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Ich sehe vieles ganz ähnlich...Mit abstrichen, versteht sich...

Bei mir müßte ich die Aufstriche abziehen.

Ich möchte einmal folgende These aufstellen: Ein gutes Kunstwerk hat immer mindestens die folgenden Ebenen:

- eine rein künstlerische, ästhetishe Ebene,
- eine religiöse bzw. spirituelle Ebene,
- eine wissenschaftlich Ebene,
- eine philosophische Ebene,
- eine psychologische Ebene,
- eine politische Ebene.

Das kann man an jedem beliebigen Kunstwerk nachweisen...

Man vielleicht, aber nicht Sie.

Gott zum Gruße!
 
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