Sehr gut formuliert, Giacomo. Die moderne Entwicklung scheint eine innere Leere und Unsicherheit entstehen zu lassen, die mit diesem Kitsch vorübergehend gefüllt wird. Es stimmt, die Kulisse ist dabei für spielfilmisch geprägte Menschen wichtig. Das Denken versucht, durch eine visualisierte Inszenierng die Realität zu ersetzen, was aber nicht wirkt. Man fühlt sich dadurch nicht besser, man wird nie satt, wie Wortjan schreibt.
Es gibt nicht wenige Menschen, die ihre Arbeit als eine ungeliebte Last empfinden. Dieses emotionale Manko versuchen sie damit zu kompensieren, indem sie sich belohnen, sie kaufen sich etwas. Tatsächlich entsteht durch die neue Errungenschaft eine Art Glücksempfinden, allerdings hält es nicht allzu lange an.
Nach ca. drei Wochen ist das neue Eigentum dann mehr oder weniger "selbstverständlich" geworden. Es ist der neue Normalfall, es zu besitzen und zu benutzen. Die folgerichtig sich bald neu einstellende Leere muss dann bald wieder durch einen Neukauf gefüllt werden.
Das emotionale Gegenstück entsteht, wenn das - mittlerweile "Alltags" - Gerät dann "kaputt" geht, und das kann bei modernen, technischen Geräten bekanntlich schnell der Fall sein. Dann kommt der emotionale Knick, ja oft sogar Wut.
Wohin das auf Dauer führt, dass sieht man, wenn man ehrlich ist, an sich selbst. So mancher (insbesondere, wenn er nicht umgezogen ist) sieht sich nach Jahren in einem Haufen nutzlosem und verstaubendem Gerümpel. Ein Schrott, um den er sich selbst dann noch irgendwie kümmern muss, obwohl er ihn schon längst nicht mehr benötigt.
Aber selbst dann, wenn die Menschen einsehen, dass sie sich von einigem angesammelten Kram auch einmal trennen müssen, fällt es ihnen oft schwer. Man sieht es dann daran, dass sie versuchen es zu "spenden" oder zu "verschenken" - und sind dann stockbeleidigt, gibt man ihnen durch die Blume zu verstehen: Deinen Schrott brauchen wir/ich nicht, bringe es bitte zum Wertstoffhof.
Aus solchen Kreisläufen versuche ich seit Jahren auszubrechen, auch wenn mir das bisher erst in Ansätzen gelingt. Ich versuche, gar nicht erst so viel Besitz anzuhäufen. Eigene Anschaffungen versuche ich auf ein notwendiges Minimum zu beschränken. Ich überlege mir länger, ob ich das wirklich brauche. Lange Zeit ohne eigenen Computer und nur mit einer Handygurke, hat nicht zuletzt die Corona-Krise gezeigt, dass ich ohne diese Geräte leider nicht mehr auskommen kann. Es läuft sonst einfach zu viel an mir vorbei.
Andererseits bedeutet das aber nicht, ich müsste so eine Basis in Folge mit allerlei Peripherie aufblasen. Sicher, ein Drucker wäre nett - nur, für was? Für die paar Ausdrucke, die ich hin und wieder gerne hätte? Für die paar Dinger kann ich dann auch zu einem Dienstleister gehen, besser, billiger.
Denn damit ziehen sie uns dann die wirkliche Kohle aus der Tasche.
Das neue Smartphone? Billig, wenn nicht gar "kostenlos". Aber mit den Folgekosten ziehen sie Dir das Geld dann wieder aus dem Geldbeutel. Mein (etwas einfach gestrickter) Mitbewohner zahlt jeden Monat fast 100€ nur für das Handy. Gut, er hat das neueste Samsung und unbegrenztes Flat für alles - und wofür nutzt er es dann? Für Games und Spaßseiten, aber die vielgepriesenen Möglichkeiten der Hightech-Maschine nutzt er nicht einmal im Ansatz. Dann aber ist es aber nur ein teures Prestigeobjekt - "schau mal, ich hab das neueste Galaxy". Aber für knapp 1.200€ im Jahr könnte er sich auch ein preiswerteres Handy und einen fetten Goldring kaufen, wobei letzterer wenigstens seinen Wert behält.
Der Farbdrucker? Billig, aber die Nachfüllpatronen kosten schon fast soviel wie der Drucker selbst. Und nach spätestens zwei Jahren ist der Drucker dann "kaputt" - weil ein eingebauter Chip dies so befiehlt. Inzwischen hat man für die Tinte ein Mehrfaches ausgegeben.
Ehrlich gesagt: Da versaufe ich mein Geld lieber.
"Nützliche" Geschenke wohlmeinender und besser gestellter Familienmitglieder und Freunde lehne ich öfter auch mal ab.
Dann sind sie beleidigt, das ist ein Problem.
Denn um mich geht es ihnen im Grunde überhaupt nicht. Vielmehr wollen sie meist nur auf einfache Weise ihren Schrott los werden und sich dabei noch als Wohltäter fühlen.