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Heilsame Stille

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lilith51

Guest
Der laue Wind raschelte in den sterbenden Blättern der Haselsträucher hinter der Bank, die noch mitten in der prallen Herbstsonne glühte. Die Bienen beeilten sich, noch schnell vor der letzten Mahd ihre Honigspeicher zu füllen, ihr Summen und Flirren erfüllte die Stille des Nachmittags am Waldrand. Die Berge ringsum waren im Dunst kaum auszunehmen.
September - kaum zu glauben, der Sommer ging schon wieder dem Ende zu.

Sie saß auf der Bank in der prallen Sonne, die Jacke hatte sie über die Lehne geworfen, ihre nackten Schultern glühten vor Hitze, wenn auch der leise Wind ein kleines bisschen Kühlung verschaffte.

Sie hatte die Augen geschlossen und hielt ihr Gesicht der Sonne entgegen. Die Wärme durchdrang ihren Körper, sie lud sich mit Sonnenenergie auf und langsam verwehten Anspannung und Sorgen, schwebten wie der Altweibersommer in langen Fäden mit den sanften Windbewegungen davon.

Es war still. Nur die Bienen summten einschläfernd.

Ihr langes Haar streichelte ihre Wangen, sie genoss diese zarte Berührung und sank in eine Art Traumzustand, auch wenn sie die Geräusche der Umgebung – das Rascheln der Blätter, das Knacken von kleinen Zweigen, das Summen der Bienen – noch wahrnahm.

Jemand streichelte sie. Der Wind, ihr Haar, eine Elfe, eine sanfte Hand? Sie öffnete ihre Augen nicht, sie überließ sich dem Streicheln, sie erlebte die zärtliche Berührung ohne darüber nachzudenken, wo sie herkam. Sie empfand dieses Streicheln als Liebkosung, die eine Woge von Wärme in ihr auslöste, die sie tief einatmen ließ. Sie merkte, dass ihre Atmung noch immer flach gewesen war und dass durch die plötzliche Dehnung ihres Brustkorbes ein Knoten gelöst wurde, der ihre Trauer und ihre Einsamkeit mit einem Schlag freisetzte. Ein schmerzvolles Stöhnen brach aus ihrem Mund und sie weinte, wie sie schon lange nicht mehr geweint hatte. Alles was sie in den letzten Wochen geschluckt hatte, schlucken hatte müssen, löste sich auf in diesem Meer von Tränen und floss wohltuend und heilbringend aus ihr heraus.

Sie wusste nicht, wie lange sie so saß und weinte, es schien ihr sehr lang gewesen zu sein, als ihre Tränen versiegten und sie sich mit den Handrücken die Wangen wischte. Ein paar tiefe Atemzüge noch, dann schaute sie sich um und sah, wie weit die Sonne inzwischen gewandert war.

Es war schon ein wenig kühler geworden, noch warm, aber es glühte nicht mehr. Ein paar einzelne Bienchen suchten noch in den Kleeblüten nach Nektar, von Ferne war das Brummen eines Flugzeugs zu hören und irgendwo hinter dem Hügel brachte wohl ein Bauer mit seinem Traktor Heu ein.

Sie fühlte sich erfrischt und erschöpft zugleich. Dankbar lehnte sie sich zurück und blickte auf den hohen Berg, der nun deutlich zu sehen war. Der Dunst war verschwunden, der Berg lag klar und von der Abendsonne beschienen vor ihr. Er strahlte Ruhe und Beständigkeit aus.

Ein tiefer Frieden erfüllte sie, voller Glück war ihr Herz, das nun wieder frei und groß war und fröhlich stand sie auf und ging heim, wo der Alltag auf sie wartete.
 
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Eine traurige Geschiche m.E., welche dennoch zum Schluss hin mir als Leserin ein wenig Mut macht. Immerhin gibt es solche Momente, wo man einfach für ein paar Minuten sich ausklinken kann um den Alltag hinter sich zu lassen. Wo man sonst auf grund verschiedenster Zwänge nicht die Möglichkeit hatte seinen Frust bzw. Trauer loszulassen, so hat man in solchen Moment des fridens und der Ruhe, welche leider nur allzu selten sind, die Möglichkeit dazu.
Also, m.E. eine schöne, melancholische Geschichte. Grüner Daumen hoch.
 
AW: Heilsame Stille

Der laue Wind raschelte in den sterbenden Blättern der Haselsträucher hinter der Bank, die noch mitten in der prallen Herbstsonne glühte. Die Bienen beeilten sich, noch schnell vor der letzten Mahd ihre Honigspeicher zu füllen, ihr Summen und Flirren erfüllte die Stille des Nachmittags am Waldrand. Die Berge ringsum waren im Dunst kaum auszunehmen.
September - kaum zu glauben, der Sommer ging schon wieder dem Ende zu.

Sie saß auf der Bank in der prallen Sonne, die Jacke hatte sie über die Lehne geworfen, ihre nackten Schultern glühten vor Hitze, wenn auch der leise Wind ein kleines bisschen Kühlung verschaffte.

Sie hatte die Augen geschlossen und hielt ihr Gesicht der Sonne entgegen. Die Wärme durchdrang ihren Körper, sie lud sich mit Sonnenenergie auf und langsam verwehten Anspannung und Sorgen, schwebten wie der Altweibersommer in langen Fäden mit den sanften Windbewegungen davon.

Es war still. Nur die Bienen summten einschläfernd.

Ihr langes Haar streichelte ihre Wangen, sie genoss diese zarte Berührung und sank in eine Art Traumzustand, auch wenn sie die Geräusche der Umgebung – das Rascheln der Blätter, das Knacken von kleinen Zweigen, das Summen der Bienen – noch wahrnahm.

Jemand streichelte sie. Der Wind, ihr Haar, eine Elfe, eine sanfte Hand? Sie öffnete ihre Augen nicht, sie überließ sich dem Streicheln, sie erlebte die zärtliche Berührung ohne darüber nachzudenken, wo sie herkam. Sie empfand dieses Streicheln als Liebkosung, die eine Woge von Wärme in ihr auslöste, die sie tief einatmen ließ. Sie merkte, dass ihre Atmung noch immer flach gewesen war und dass durch die plötzliche Dehnung ihres Brustkorbes ein Knoten gelöst wurde, der ihre Trauer und ihre Einsamkeit mit einem Schlag freisetzte. Ein schmerzvolles Stöhnen brach aus ihrem Mund und sie weinte, wie sie schon lange nicht mehr geweint hatte. Alles was sie in den letzten Wochen geschluckt hatte, schlucken hatte müssen, löste sich auf in diesem Meer von Tränen und floss wohltuend und heilbringend aus ihr heraus.

Sie wusste nicht, wie lange sie so saß und weinte, es schien ihr sehr lang gewesen zu sein, als ihre Tränen versiegten und sie sich mit den Handrücken die Wangen wischte. Ein paar tiefe Atemzüge noch, dann schaute sie sich um und sah, wie weit die Sonne inzwischen gewandert war.

Es war schon ein wenig kühler geworden, noch warm, aber es glühte nicht mehr. Ein paar einzelne Bienchen suchten noch in den Kleeblüten nach Nektar, von Ferne war das Brummen eines Flugzeugs zu hören und irgendwo hinter dem Hügel brachte wohl ein Bauer mit seinem Traktor Heu ein.

Sie fühlte sich erfrischt und erschöpft zugleich. Dankbar lehnte sie sich zurück und blickte auf den hohen Berg, der nun deutlich zu sehen war. Der Dunst war verschwunden, der Berg lag klar und von der Abendsonne beschienen vor ihr. Er strahlte Ruhe und Beständigkeit aus.

Ein tiefer Frieden erfüllte sie, voller Glück war ihr Herz, das nun wieder frei und groß war und fröhlich stand sie auf und ging heim, wo der Alltag auf sie wartete.

Ein Plädoyer dafür, daran zu denken, sich immer wieder genug Zeit für sich selbst zu nehmen, sich seinen Gedanken hinzugeben, um sie zu entlassen, um sich Freiheit zu schenken.
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Heilsame Stille

Danke Allfred, dass du meine Geschichte von damals wieder hervorgeholt hast. Kam gerade recht für mich!
:winken2:
 
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