• Willkommen im denk-Forum für Politik, Philosophie und Kunst!
    Hier findest Du alles zum aktuellen Politikgeschehen, Diskussionen über philosophische Fragen und Kunst
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst du eigene Themen verfassen und siehst wesentlich weniger Werbung

Gedichte - Quer durch den Garten

Morgendämmerung (Sonett)

Mütter gehen auf den Straßen,
Und sammeln leere Kannen ein;
Der Morgen dämmert leise,
Ich sitz auf einem feuchten Stein.

Ich träume, wie verwegen,
Bis sich Gefühle regen;
Die Sonnenstrahlen kommen,
Über den Horizont geklommen.

Auf den Blättern glitzert Tau,
Bin allein und ohne Frau,
In den Fenstern brennen Lichter,
Ich seh‘ auch schon ein paar Gesichter;
Die ersten Leute trauen sich,
Und müssen los, zur ersten Schicht.
 
Werbung:
Ich bin so allein

Ich bin so allein,
Auf weiter Flur;

Ich bin so allein,
Was mach ich nur;

Ich bin so allein,
Komm her zu mir,

Ich bin so allein,
Drum sag ich Dir:
Bitte bleib bei mir.
 
Das verschleierte Bild zu Sais (von und für F. Schiller)

Ein Jüngling, den des Wissens heißer Durst
Nach Sais in Ägypten trieb, der Priester
Geheime Weisheit zu erlernen, hatte
Schon manchen Grad mit schnellem Schritt durcheilt,
Stets riss ihn seine Forschbegierde weiter,
Und kaum besänftigte der Hierophant
Den ungeduldig Strebenden. „Was habe ich,
Wenn ich nicht alles habe,“ sprach der Jüngling.

Indem sie einst so disputierten, standen sie
In einer einsamen Rotonde still,
Wo ein verschleiert Bild von Riesengröße
Dem Jüngling in die Augen fiel.
Verwundert blickt er den Führer an und spricht: „Was ist’s,
Das hinter diesem Schleier sich verbirgt?“
„Die Wahrheit,“ ist die Antwort. „Wie“, ruft dieser,
Nach Wahrheit streb ich ja alleine, und diese
Gerade ist es, die man mir verhüllt?“
„Das mache mit der Gottheit aus, die spricht:
Diesen Schleier sollte jeder lüften ganz zu seiner Zeit.“
Da rief der Jüngling, der den heißen
Wissensdrang in sich verspürte: „Es ist so weit,
Ich will den Schleier heben noch in dieser Nacht.“

Der Jüngling ging gedankenvoll nach Hause,
Ihm raubt des Wissens brennende Begierde
Den Schlaf, er wälzt sich glühend auf dem Lager,
Und rafft sich auf um Mitternacht. Zum Tempel
Führt unfreiwillig ihn der scheue Tritt.
Leicht ward es ihm, die Mauer zu ersteigen,
Und mitten in das Innere der Rotonde
Trägt ein beherzter Sprung den Wagenden.

Er tritt heran an die Gestalt mit ungewissem Schritte,
Schon will die kühne Hand das Heilige berühren,
Da zuckt es heiß und kühl durch sein Gebein,
Und stößt ihn weg mit unsichtbarem Arme.
Doch der Wagende tritt erneut heran,
Den Schleier nun zu lüften. Ich will’s,
Ich will die Wahrheit endlich schauen.
Er spricht’s und hat den Schleier aufgedeckt.
Nun, fragt Ihr, was zeigte sich ihm hier?
Die Gottheit selber stand vor ihm in ganzer
Pracht und Herrlichkeit, wofür es keine Worte geben kann.
Das steht mit Mal der Hierophant alleine
Hinter dem erleutet schauenden und spricht:
„Du hast gesehen nun im ganzen Lichte,
Was diese Welt im Innersten zusammenhält.
Doch wage nicht, die Wahrheit deinen
Schülern zu eröffnen, bis sie selbst
Den Schleier eines Tages heben mit der eig’nen Hand.
 
Die Kraniche des Ibykus (gekürzte Fassung) - von und für Friedrich Schiller

Zum Kampf der Wagen und Gesänge,
Der auf Korinthus‘ Landesenge
Der Griechen Stämme froh vereint,
Zog Ibykus, der Götterfreund.
Ihm schenkte des Gesanges Gabe,
Der Lieder süßen Mund Apoll;
So wandert‘ er, an leichtem Stabe,
Aus Rhegium, des Gottes voll.

Schon wirkt auf hohem Bergesrücken
Akrokorinth des Wandrers Blicken,
Und in Poseidons Fichtenhain
Tritt er mit frommem Schauder ein.
Nichts regt sich um ihn her, nur Schwärme
Von Kranichen begleiten ihn,
Die fernhin nach des Südens Wärme
In graulichem Geschwader ziehn.

„Seid mir gegrüßt, befreund’te Scharen,
Die mir zur See Begleiter waren!
Zum guten Zeichen nehm ich euch,
Mein Los, es ist dem euren gleich:
Von fern her kommen wir gezogen
Und flehen um ein wirtlich Dach.
Sei uns der Gastliche gewogen,
Der von dem Fremdling wehrt die Schmach!“

Und munter fördert er die Schritte
Und sieht sich in des Waldes Mitte –
Da sperren, auf gedrangem Steg,
Zwei Mörder plötzlich seinen Weg.
Zum Kampfe muß er sich bereiten,
Doch bald ermattet seine Hand,
Sie hat der Leier zarte Seiten,
Doch nie des Bogens Kraft gespannt.

Er ruft die Menschen an, die Götter,
Sein Flehen dringt zu keinem Retter,
Wie weit er auch die Stimme schickt,
Nichts Lebendes wird hier erblickt.
„So muß ich hier verlassen sterben,
Auf fremdem Boden, unbeweint,
Durch böser Buben Hand verderben,
Wo auch kein Rächer mir erscheint!“

Und schwer getroffen sinkt er nieder,
Da rauscht der Kraniche Gefieder.
Er hört, schon kann er nicht mehr sehn,
Die nahen Stimmen furchtbar krähn.
„Von euch, ihr Kraniche dort oben,
Wenn keine andre Stimme spricht,
Sei meines Mordes Klag erhoben!“
Er ruft es, und sein Auge bricht,
 
Prinz Vogelfrei von Friedrich Nietzsche (1887)
http://gutenberg.spiegel.de/buch/prinz-vogelfrei-9519/2

So häng ich denn auf krummem Aste
Hoch über Meer und Hügelchen:
Ein Vogel lud mich her zu Gaste
Ich flog ihm nach und rast' und raste
Und schlage mit den Flügelchen.

Das weisse Meer ist eingeschlafen,
Es schläft mir jedes Weh und Ach.
Vergessen hab' ich Ziel und Hafen,
Vergessen Furcht und Lob und Strafen:
Jetzt flieg ich jedem Vogel nach.

Nur Schritt für Schritt – das ist kein Leben!
Stäts Bein vor Bein macht müd und schwer!
Ich lass mich von den Winden heben,
Ich liebe es, mit Flügeln schweben
Und hinter jedem Vogel her.

Vernunft? – das ist ein bös Geschäfte:
Vernunft und Zunge stolpern viel!
Das Fliegen gab mir neue Kräfte
Und lehrt' mich schönere Geschäfte,
Gesang und Scherz und Liederspiel.

Einsam zu denken – das ist weise.
Einsam zu singen – das ist dumm!
So horcht mir denn auf meine Weise
Und setzt euch still um mich im Kreise,
Ihr schönen Vögelchen, herum!

Die fröhliche Wissenschaft
https://de.wikipedia.org/wiki/Die_fröhliche_Wissenschaft
(später mit dem Untertitel „la gaya scienza“) ist ein zuerst 1882 erschienenes, 1887 ergänztes Werk Friedrich Nietzsches. Das Buch enthält Gedanken zu unterschiedlichsten Themen in fast 400 Aphorismen verschiedener Länge. Es gilt als abschließendes Werk der „freigeistigen“ Periode Nietzsches, das gleichzeitig die neue Stimmung des nachfolgenden Also sprach Zarathustra ankündigt.
 
Schlangenstern

Neulich aß ich einen Apfel,
Denn ich hatte Hunger noch,
Da kam ein dicker Schlangewurm,
Aus einem schwarzen Loch.

Er schlängelte sich wie DNA,
In meinem Zellenkern;
Ich glaub' die ganze Erde ist,
Ein einz'ger Schlangenstern.
 
Werbung:
Ein Rätsel ist Reinentsprugenes.Auch
Der Gesang kaum darf es enthüllen.Denn
Wie du anfingst,wirst du bleiben.
Zitat
 
Zurück
Oben