„Die Seele des Menschen – Ihre Fähigkeit zum Guten und zum Bösen“ von Erich Fromm
Der Begriff „Seele“ taucht in dem ganzen Werk höchstens zwei Mal auf. Das ganze Buch ist im Grunde eine völlig seelenlose, psycho- analytisch verbrämte Untersuchung des Phänomens der Gewalt. Die Psychoanalyse á la Fromm ist deshalb seelenlos, weil sie die Triebstruktur für die Seele hält. Entsprechende Untersuchungen machen schon den größten Teil des Werkes aus. Interessant ist, dass sich Fromm im Vergleich mit dem Gegenstück „Die Kunst des Liebens“ von einem Körper-Geist-Dualismus zu einem Körper-Seele-Dualismus wandelt. Dies mach um so deutlicher, dass Fromm keinerlei Begriff von Seele und Geist hat. Fromm erkennt einfach nicht, dass die Frage des Guten und des Bösen, die von ihm auch gar nicht definiert wird, eine rein philosophisch-ethische, wenn nicht sogar eine religiöse Frage ist. Auch die Erziehungsfrage lässt Fromm gänzlich unberührt. Im letzten Kapitel geht es dann noch um die Frage der Freiheit und des Determinismus. Dabei entwickelt Fromm ein leider unzureichendes Menschenbild: „Das Wesen des Menschen als Widerspruch und dessen Ausgleich“. (Wie wäre es mit: „Die Geschichte als Widerspruch und Ausgleich“) An der nun folgenden Erörterung über die Frage der Freiheit untersucht er ausgehend von der grundsätzlichen Möglichkeit, sich zu entscheiden, die Frage der Willensfreiheit, und kommt dabei noch zu recht interessanten Überlegungen. Auf Grund des unzureichenden Menschenbildes erklärt er sich dann mit Spinoza, Marx und Freud zum Deterministen. Willensfreiheit bleibt bei From eine Illusion. Mit der Schlussbemerkung, dass sich der Mensch aber trotzdem zwischen Gut und Böse entscheiden könne, gibt Fromm seinem Werk noch so gerade eine annehmbare Schlusswendung. Alles in Allem möchte ich aber feststellen, dass Fromm angesichts des heraus fordernden Buchtitels schlicht das Thema verfehlt hat.