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Einstein - Welches Erbe?

Noch einiges über Albert Einstein und sein Verhältnis zu Gott, und über seine jüdische Identität.

Einstein sagt: "Respekt vor dem lieben Gott muss man haben, auch wenn es keinen gibt."

Wenn auch Einstein die Existenz einer personifizierten Göttlichkeit ablehnt, spricht er oft über die Schöpfung. Jürgen Neffe, der Einstein-Biograf, nennt ihn "einer der demütigsten Atheisten, die sich je über Gott und die Welt geäußert haben."

Zum Judentum kam Einstein erst als er vom bejubelten Genie, in Nazi-Deutschland, die jüdische Unperson wurde. Aus einer nichtgläubigen assimilierten jüdischen Familie stammend, kannte er die Rituale der jüdischen Religion von hausaus nicht.

Jürgen Renn (Max Planck Institut) sagt:

"Einsteins Gott ist die Kausalität der Natur. Einstein hat den Dienst an diesem Erkenntnisprozess als etwas gesehen, was bei ihm die Rolle einer Art Weltanschauung, einer Art Religion eingenommen hat. Er hat im Grunde seine Auseinandersetzung, die für ihn ja auch ein Teil eines Menschheitsunternehmens war, genommen als eine Art Erstatzreligion."

Mit dem rachsüchtigen Gott des AT macht sich Einstein ein Spielchen. Wie gesagt, er lehnt jede Personifizierung der Schöpfung ab.
Eigentlich entdeckt er seine jüdischen Wurzeln nicht nur als er zur jüdischen Unperson mutiert, sondern schon als ihm, paralell zum Militarismus, der aufkeimende Antisemitismus der 20er Jahre beschäftigt, und auch das Elend des Ostjudentum bewusst wird.

Der Kurator Christian Dirks sagt:

"Einstein empfand eine tiefe Verbundenheit zu der ostjüdischen Minderheit, weil ihm insbesondere auch Bildungsmöglichkeiten systematisch abgeschnitten wurden und ostjüdische Studenten zum Beispiel nicht an der Berliner Universität zugelassen wurden"

Witzig finde ich, dass die Einstein-Ausstellung, die Anfang März in der Neuen Syngoge in der Oranienburgerstrasse in Berlin eröffnet wurde, den Titel trug: "Relativ jüdisch". Einstein inspiriert zum verschmitzten, zum humorvollen, auch lange nach seinem Tod. Und auch das ist ein Erbe Einsteins.
 
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Nochmals zurück zu dieser Seite der Persönlichkeit Albert Einsteins, also zu seiner Art der Zugehörigkeit zum Judentum, zu seinem moralischen Engagement für Minderheiten, zu seinem Pazifissmus.

Jürgen Renn (Max-Planck-Institut) sagt dazu:

"Ich glaube schon, dass Einsteins moralisches Verantwortungsbewusstsein mit den ethischen Lehren des Judentums zu tun hatte. Die hat er immer sehr ernst genommen. Er wusste diese auf ein naturwissenschaftliches Weltbild zu übertragen. Die Wissenschaft ist für Einstein etwas gewesen, was einen moralischen Untergrund brauchte."

Auch wenn er sich nun zum Judentum bekennt, ein aktives Mitglied der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, oder ein Synagogenbesucher, wird er nie. Doch in der Ausstellung die ich oben schon erwähnte, die den Titel "Relativ jüdisch" trägt, wurde auch das Konzert dokumentiert, das Albert Einstein in der neuen Synagoge gab, zur Unterstützung der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.

Als 1922 der Minister und Jude Walter Rathenau ermordet wurde, wächst die Bedrohung auch für Einstein und für andere jüdische Mitbürger. Einstein engagiert sich daher in Aktionen die die Ausreise einer Anzahl von Juden ermöglicht, zum Beispiel durch Ausreisebürgschaften.

Auch ist Palästina, als Zufluchtsort für Emigranten, ein immer aktuelleres Thema, und Einstein engagiert sich für eine jüdische Universität. Er geht sogar nach Amerika mit zionistischen Führern um für diese Universität zu werben.
In Palästina sieht er die Möglichkeit eine Heimat für vertriebe Juden zu gründen.

Dazu die Redakteurin von "Talmud.de" - Carolin Hannah Reese:

"Er hat allerdings seinen Schwerpunkt immer auf ein kulturelles Zentrum im Land Israel gelegt. Er wollte, dass es als ein Blütezentrum des Judentums in die Diaspora ausstrahlen konnte. Diese konkrete Staatsidee hat er sehr spät oder vielleicht auch nie wirklich verstanden und unterstützt."

Und als Einstein die Präsidentschaft des Staates Israel angetragen wird, lehnt er natürlich ab. Dazu nochmals Carolin Hannah Reese:

"Er war Antimilitarist, das wäre sehr problematisch gewesen. Die israelische Armee spielte gerade in der Anfangszeit eine große Rolle, auch als Integrationsfaktor. Die Neuankömmlinge mussten Hebräisch lernen und sich in dem neuen Staat zurechtfinden. Israel stand und steht unter einer ständigen militärischen Bedrohung, weshalb viele Ideen Einsteins, sicher zumindest zu dieser Zeit, nicht umsetzbar gewesen wären."

Am Ende seines Lebens, meldet sich nochmals der Nonkonformist Albert Einstein. Sein letzter Wille ist, verbrannt zu werden. Für die jüdische religiöse Welt ist dies ein Schlag. Denn die Verbrennung ist im jüdischen Glauben verboten.
 
Einstein als Jude

Hallo,

Einstein hat sich seinen "Stammesbrüdern" immer verbunden gefühlt, aber ein Jude "durch und durch" war er m. E. wohl nicht. So hat er auch die ihm angetragene Präsidentschaft für den Staat Israel, nach dem Ableben Chaim Weizmanns im November 1952, abgelehnt.

Einstein lag es aber ganz einfach nicht, divergierende Interessen zu erkennen und zum Ausgleich zu bringen. Die Fähigkeit zum Kompromiss fehlte ihm. Ausserdem war ihm Israel ein fremdes Land, und er sprach weder Hebräisch noch genügend Englisch. Im übrigen war das Angebot der Präsidentschaft Isreals ohnehin nur taktischer Natur.

In seinem Testament hat Einstein seinen literarischen Nachlass der "Hebrew University" zugesprochen. Deshalb liegen heute die Originale der meisten Briefe von und an Einstein in Jerusalem.

Gruss
Hartmut
 
Miriam schrieb:
Am Ende seines Lebens, meldet sich nochmals der Nonkonformist Albert Einstein. Sein letzter Wille ist, verbrannt zu werden. Für die jüdische religiöse Welt ist dies ein Schlag. Denn die Verbrennung ist im jüdischen Glauben verboten.

Hallo Miriam,

hier die Begründung, die er seinem Sohn Hans Albert gab:

"Ich will nicht, dass man die Asche vergräbt. Ich will nicht, dass die Leute auf eine Stelle in der Erde zeigen und sagen: Da liegt er. Wirf die Asche fort."

Vielleicht hat Einstein nach seinem Tode erfahren, welche Schräubchen der Herrgott angewandt hatte bei der Erschaffung der Welt ...

Gruss
Hartmut
 
Einstein und die Katzen

eine Handvoll betrunkener amerikanischer Seleute fanden ein kleines hilfloses Kätzchen bei ihrem Landgang in Bremerhaven (1946), sie nahmen es mit auf ihr Schiff und beschlossen, als sie am nächsten Morgen wieder nüchtern waren, als Pflegeeltern zu fungieren. Sie päppelten das Tier auf, gaben ihm Leckerbissen unt tauften es „Professor Einstein“ und schrieben Einstein einen Brief. Er antwortete:
Ich danke Ihnen sehr für Ihre freundliche und interessante Mitteilung. Ich sende die herzlichsten grüße an meinen Namensvetter, auch von unserem Kater, der sich sehr für Geschichte interesiert und sogar ein bißchen eifersüchtig wurde. Der grund ist, daß sein Name „Tig er“ nicht wie in Ihrem Fall, die nahe verwandtschaft mit der familie einstein zum Ausdruckbringt.
Mit freundlichen grüßen an Sie, die Pflegeeltern meines Namensvetters,
Ihr Albert Einstein
 
Wie Einstein seinem 9 jährigen Sohn Eduard im Jahre 1919 erklärte, warum er so berühmt ist:

Wenn ein Käfer an einem gekrümmten Ast entlang kriecht, merkt er nicht, daß der Ast krumm ist.
Ich hatte das Glück zu bemerken, was der Käfer nicht bemerkte.
 
Das Potsdamer Manifest

Auch dies ist ein Erbe Einsteins. Heute wurde in Postdam von Wissenschaftlern, das so genannte Potsdamer Manifest verabschiedet. Darin findet die Verantwortung der Wissenschaftler für den Frieden im 21. Jahrhundert, ihren Ausdruck.

Diese Denkschrift knüpft an das Russel-Einstein-Manifest aus dem Jahr 1955 an. Darin hatten gemeinsam Bertrand Russel und Albert Einstein die Menschheit vor den Gefahren der thermonuklearen Waffen gewarnt.

dazu siehe:
http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/themen/Atomwaffen/russell-einstein.html

Der Physiker Hans-Peter Dürr sagte in Potsdam:

"Wir wollen die Vielfalt, aber wir wollen auch die kooperative und konstruktive Zusammenarbeit der Vielfalt, um eine gemeinsame Menschheit in Frieden zu haben."

Im Manifest steht unter anderen:

"Wir müssen lernen, neu zu denken, dass wir eine Organisation anstreben, wo das Lebendige im Vordergrund steht, was bedeutet, die Koexistenz von verschiedenen Kulturen, aber auch die Koexistenz von verschiedenen Betrachtungsweisen des Menschen".
 
Einstein - Probleme mit dem Peer-Review-System

Hallo,

das Einstein-Jahr ist noch nicht zu Ende, und so erlaube ich mir einen Hinweis darauf, wie Einstein auf Kritik reagieren konnte. Gefunden habe ich die Story in der "Neuen Zürcher Zeitung" (NZZ):

http://www.nzz.ch/dossiers/einstein/theorie/2005/10/12/ft/articleD7UU6.html

Worum ging es?

Einstein hatte 1936 ein Manuskript mit dem Titel "Gibt es Gravitationswellen?" an die Fachzeitschrift "Physical Review" geschickt. Von der Redaktion dieser Zeitschrift erhielt er daraufhin eine höfliche Aufforderung, auf die Kritik eines Gutachters einzugehen und verschiedene Fehler in seiner Arbeit zu korrigieren. Einstein reagierte empört. Er zog sein Manuskript zurück und schickte nie wieder eine Arbeit an die "Physical Review". Aber der unbekannte Gutachter, der es gewagt hatte, Einstein zu kritisieren, lag mit seiner Kritik vollkommen richtig!

Was Einstein damals als persönliche Beleidigung empfand, gehört heute zum Alltag eines Forschers: das "peer review", die Überprüfung durch Ebenbürtige. Wer die Gutachten verfasst hat, erfährt der Autor allerdings nie; Anonymität ist einer der Grundpfeiler des "peer review".

Im Fall von Einsteins Arbeit waren Einstein Zweifel an der Existenz von Gravitationswellen gekommen. Der Gutachter, der alle Berechnungen genauestens nachprüfte, kam zu dem Schluss, dass Einsteins Zweifel auf einem mathematischen Irrtum beruhten. Doch Einstein legte das zehnseitige Gutachten praktisch ungelesen zur Seite und schickte sein Manuskript an eine andere Fachzeitschrift. Diese nahm das Manuskript ohne Kommentare an!

Allerdings plagten Einstein doch Zweifel wegen der Kritik an seiner Arbeit. Und so entdeckte er selbst den Fehler in seinen Berechnungen. Das Manuskript für die andere Fachzeitschrift änderte er daraufhin kurz vor Drucklegung radikal. Am Ende hatte also die Kritik des Gutachters Einstein vor einem peinlichen Fehlschluss bewahrt!

Der Artikel in der NZZ geht auch auf den Sinn des Peer-Review-Systems ein.

Gruss
Hartmut
 
Hallo Hartmut,

wie schön, dass wir nochmals zu Einstein zurückkehren.

In einem Interview berichtet Prof. Ernst Peter Fischer folgendes über Einstein:

Prof. Fischer:
"Der Chemiker ist nicht nur interessiert an seinen Reagenzien, sondern an der Schönheit der Moleküle, die er dabei findet. Der Mathematiker ist vor allen Dingen an der Eleganz seiner Ausgangsgleichungen interessiert und an der formvollendeten Lösung."

Es gab berühmte Physiker, für die eine klare, symmetrische Schönheit ihrer Theorien und Formeln interessanter war als deren Richtigkeit.

Das berühmteste Beispiel dafür ist der junge, damals noch unbekannte Albert Einstein, der 1905 Gleichungen über die Diffusion von Molekülen aufgestellt hatte. Da bekam er Post von einem Nobelpreisträger. Der schrieb: Sehr geehrter Herr Einstein. Ich habe ihre Theorie überprüft mit meinen Messgeräten und muss ihnen leider sagen, dass sie falsch ist. Einstein schrieb zurück: Sehr geehrter Herr Nobelpreisträger, ich habe die Theorie noch einmal angeschaut. Die Gleichungen sind so schön, so symmetrisch ich bin so zufrieden damit, sie müssen richtig sein. Prüfen sie doch bitte noch einmal nach. Eine Woche später kam die Antwort: Verehrter Herr Einstein, Sie haben recht: Die Messungen waren falsch, aber ihre Zufriedenheit war wohl zutreffend."


http://archives.arte-tv.com/hebdo/archimed/19991228/dtext/sujet4.html

Übrigens ist das ganze Interview sehr lesenswert. Und auch eine Diskussion über Ernst Peter Fischer möchte ich gerne anregen.

Wann sollen wir das alles noch schaffen? :dontknow:

Kurz nur über:

Ernst Peter Fischer:
(aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie)

Ernst-Peter Fischer (* 18. Januar 1947 in Wuppertal) ist ein Wissenschaftspublizist und Wissenschaftshistoriker.

Er studierte Mathematik, Physik und Biologie. Er promovierte 1977 am California Institute of Technology. 1987 habilitierte er sich für Wissenschaftsgeschichte. Dieses Fach lehrt er als Professor an der Universität Konstanz.

Als Wissenschaftspublizist schreibt er Artikel für die Zeitschriften ,,GEO", ,,Bild der Wissenschaft", ,,Die Weltwoche" und die ,,FAZ".

Ernst-Peter Fischer war bis 1999 Herausgeber des ,,Mannheimer Forum", und er ist zudem Autor vieler Bücher und lebt zur Zeit in Konstanz.

Gruß an Euch alle

Miriam
 
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Unser Umgang mit Einstein

Hallo,

das Einstein-Jahr neigt sich seinem Ende zu, Grund für eine Rückschau. Haben wir das Jahr genutzt, um von Einstein mehr zu verstehen?

Prof. Ernst Peter Fischer hat in seinem Beitrag "Unser Umgang mit Einstein"

http://www.pro-physik.de/Phy/External/PhyH/

seine Ansicht darüber ausgedrückt. Der Untertitel seines Beitrags sagt schon viel: "Verpasste Gelegenheiten am Ende des Feierns."

Daraus ein kurzer Auszug:

Einsteins Physik ist trotz aller Jubelfeiern den meisten fremd geblieben. Zu den Standardsätzen von Reportern ... gehörte der Hinweis, dass sie nichts von der Relativitätstheorie verstehen. In Live-Gesprächen wurde Blut und Wasser geschwitzt, wenn man sich von Einsteins Frauen ab- und seiner Physik zuwenden wollte ... Der Verfasser kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass am Ende des Einstein-Jahres kein Journalist mehr über die dazugehörige Physik weiss als am Anfang.

Was hat Euch das Einstein-Jahr gegeben?

Gruss
Hartmut
 
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