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ein demokratischer Irak wäre schön

Jing6

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22. Mai 2005
Beiträge
151
Hallo Zusammen, die USA hat den Irak "befreit". Damit hat sie ein Gewaltpotetial freigesetzt, dass nicht einzuschätzen ist. Angesichts dieses Potentials kann man die Balance des alten irakischen Staatssystems zumindest als mäßig bezeichnen. USA meinte, die Sitation verstehen zu können und hat diese Balance aufgelöst. Dazu passt ein weises Gedicht von dem chinesischen Philosophen Lao-Tse:

WER SEIN NICHTWISSEN WEISS, IST ERHABEN
wer es für wissen hält, ist leidend
nur der gesundet von seinem leiden
der sein leiden erkannt hat als leiden

der weise aber leidet nicht
weil er sein leiden erkannt hat als leiden
darum leidet er nicht


Man kann sich ein gesellschaftliches System wie ein Ökosystem vorstellen: es besitzt eine Balance, ein Gleichgewicht und ein kompliziertes System aus Zusammenhängen. Wenn man den Gesamtzusammenhang so weit verändert, dass die Ordnung zusammenbricht, geschieht eine Phase des Umbruchs - meistens je schneller desto gewaltätiger - ehe sich ein neues Gleichgewicht gefunden hat.

freundliche Grüße
Jing
 
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AW: ein demokratischer Irak wäre schön

hallo, jing!

da hast du recht, einen demokratischen irak wird es in den nächsten dekaden nicht geben. die radikalität, mit dem der hass der volksgruppen untereinander und auf den westen hervorbricht, ist mit diesem schnellen sturz des alten irakischen autoritären systems hervorgetreten. keiner weiß mehr gegen wen er kämpft, nicht mehr genau für was und wen, aus allgemeiner verunsicherung und angst entsteht neuer terror. die spirale des bürgerkriegs ist längst schon alltag. die risse in der ethnischen zusammensetzung sind nach meiner ansicht nicht mehr zu kitten. das beste wäre den irak zu dreiteilen, in einen kurdischen staat (würde die türkei begrüßen), in einen mittleren sunnitischen und einen südlichen schiitischen teil.

jetzt kommt das problem: nur im norden und im süden gibt es reiche erdölvorkommen. mit dem schatt el arab in schiitischer hand, besitzen diese den wichtigsten handelspunkt im land. deshalb meine idee wäre, die sunnitischen gebiete um kurdistan herum zu legen, sodass diese durchleitungsgebühren für öl und gas verlangen könnten. außerdem würde der schatt el arab unter internationalen kontrolle (UNO) gebracht. die erlöse davon gehen zu verhältnismäßig gleichen teilen an die drei teilstaaten. jeder wäre selbstständig mit eigener regierung und selbstgewolltem system, egal ob demokratie oder nicht. denn ein autoritäres system, was den leuten sicherheit verspricht, ist allemal besser als das gegenwärtige!
 
AW: ein demokratischer Irak wäre schön

psbvbn1 schrieb:
deshalb meine idee wäre, die sunnitischen gebiete um kurdistan herum zu legen, sodass diese durchleitungsgebühren für öl und gas verlangen könnten. außerdem würde der schatt el arab unter internationalen kontrolle (UNO) gebracht. die erlöse davon gehen zu verhältnismäßig gleichen teilen an die drei teilstaaten. jeder wäre selbstständig mit eigener regierung und selbstgewolltem system, egal ob demokratie oder nicht.
Dein Vorschlag verlangt viel Einsichtsvermögen aller beteiligten Streit- und Interessenfraktionen - dann könnte man auch gleich in Demokratie machen ;)
Aber wie hatte Susanne Osthoff, die es wissen muß, das einmal so schön formuliert: beim orientalischem Manne koche das Blut, das ginge nicht so gemäßigt ab wie in Europa (wobei sie ein drastischeres, abfälligeres Wort für diese Mäßigung benützte). Und so - sag ich jetzt - würden sie so oder so aus lauter Eigeninteresse und mangelndem Verständnis für die Interessen und Bedürfnisse ihrer Nachbarn von Verderben zu Verderben rennen. Die einen machen kaputt, was die anderen aufbauen, der "Fall Irak" scheint aussichtslos. - Der Unterschied zu vorher ist doch nur, daß unter Saddam die Gewalt gegen die Bevölkerungsmehrheit (sowie auch die Günstlingswirtschaft bei der Verteilung der Ölrenten) direkt von den Regierungsinstitutionen ausging? Von einer "Balance" würde ich da nicht sprechen.
psbvbn1 schrieb:
denn ein autoritäres system, was den leuten sicherheit verspricht, ist allemal besser als das gegenwärtige!
Auf ein mehr oder weniger "autoritäres System" läuft es sowieso hinaus, wenn die Gewalt einst unterdrückt werden soll (an die "Ursachen" zu gehen, erscheint unmöglich, zumal sich diese gar nicht mehr so genau bestimmen lassen - wie wir es bei jedem ausgewachsenen Konflikt beobachten). Auch toll: die einen hindern dann die anderen mit Gewalt an der Gewalt.

Nein, das einzige, was da m.E. ginge, wäre ein riesenhafter Lernprozess - vielleicht erst möglich, wenn sich da einiges noch weiter ausgeblutet hat. Aber die demokratisch-rechtsstaaliche Perspektive würde ich nicht aus dem Auge verlieren.

Grüße, Thorsten
 
AW: ein demokratischer Irak wäre schön

Dein Vorschlag verlangt viel Einsichtsvermögen aller beteiligten Streit- und Interessenfraktionen - dann könnte man auch gleich in Demokratie machen ;)
Der Unterschied zu vorher ist doch nur, daß unter Saddam die Gewalt gegen die Bevölkerungsmehrheit (sowie auch die Günstlingswirtschaft bei der Verteilung der Ölrenten) direkt von den Regierungsinstitutionen ausging? Von einer "Balance" würde ich da nicht sprechen.

Auf ein mehr oder weniger "autoritäres System" läuft es sowieso hinaus, wenn die Gewalt einst unterdrückt werden soll (an die "Ursachen" zu gehen, erscheint unmöglich, zumal sich diese gar nicht mehr so genau bestimmen lassen - wie wir es bei jedem ausgewachsenen Konflikt beobachten). Auch toll: die einen hindern dann die anderen mit Gewalt an der Gewalt.

Nein, das einzige, was da m.E. ginge, wäre ein riesenhafter Lernprozess - vielleicht erst möglich, wenn sich da einiges noch weiter ausgeblutet hat. Aber die demokratisch-rechtsstaaliche Perspektive würde ich nicht aus dem Auge verlieren.

Grüße, Thorsten

hallo, thorsten!

natürlich verlangt eine so wie von mir vorgeschlagene lösung viel verständnis, aber immer noch weniger als sich in einem einheitlichen staat mit von außen vorgeschriebener ordnung zu arrangieren. der von dir angesprochene lernprozess dauert sicherlich noch jahrzehnte (siehe konflikte in nordirland, palästina, sri lanka), doch bis dahin werden, wie von dir richtig angemerkt, tausende von menschen sterben. die orientalischen gesellschaften sind sicherlich etwas hitzköpfiger und aufbrausend als die nordeuropäer oder die deutschen (die lieber mit kalter berechnung millionen menschen umgebracht haben!)

doch darf man nicht vergessen, dass jeder mensch vernünftig handeln kann!!!
allerdings wird er von seiner umwelt fast vollständig determiniert und die lautet zurzeit im irak eben krieg! als einen der ersten schritte sehe ich, dass sich aus diesem gebiet nicht-einheimische kräfte verziehen soll. das befürchtete chaos ist sowieso schon eingetreten. dann werden sich die dinge wahrscheinlich eher in richtungen entwickeln, die für die dortige bevölkerung eher zu verstehen und zu begrüßen wären.

zu deinem letzten satz: ich glaube (nimm mir das jetzt nicht übel:blume1: ) du denkst zu amerikanisch! man muss nicht immer militärische, todbringende gewalt mit gleichem begegnen. es gibt noch andere mittel von gruppen und institutionen als reine physische gewalt, die sie benutzen können, um einen staat aufzubauen, der nicht gewalttätig gegen seine untertanen werden muss, um sich zu behaupten!!!
 
AW: ein demokratischer Irak wäre schön

psbvbn1 schrieb:
hallo, thorsten!

natürlich verlangt eine so wie von mir vorgeschlagene lösung viel verständnis, aber immer noch weniger als sich in einem einheitlichen staat mit von außen vorgeschriebener ordnung zu arrangieren.
Von "außen" oder von "innen" ist letzten Endes egal... Deine wohlgemeinten Vorschläge allerdings kämen ebenso "von außen" ;), und Einsicht in deren Sinn und Zweck wäre "innen" nicht ohne Weiteres vorauszusetzen.

psbvbn1 schrieb:
doch darf man nicht vergessen, dass jeder mensch vernünftig handeln kann!!!
Hier teile ich die konservativ-pessimistische Einsicht in des Menschen Verdorbenheit und senke ernsten Blickes mein Haupt.

psbvbn1 schrieb:
zu deinem letzten satz: ich glaube (nimm mir das jetzt nicht übel:blume1: ) du denkst zu amerikanisch!
Das fasse ich eher als Kompliment auf! :zauberer2 :blume1:
Es ist ja nicht so, daß die Amis da unten bloß wie die Bekloppten rumballern würden. Die Enttäuschung ist natürlich groß, weil es den Alliierten nicht gelungen ist, ein Mindestmaß an öffentlicher Sicherheit zu garantieren. Aber ich bin ebenso desillusioniert, daß sich durch den Abzug der USA mittelfristig wenigstens ein stabiler Burgfriede einstellen würde. Für den Terror ist es egal, ob da nun ein paar amerikanische Soldaten am Straßenrand rumstehen oder nicht...

psbvbn1 schrieb:
man muss nicht immer militärische, todbringende gewalt mit gleichem begegnen. es gibt noch andere mittel von gruppen und institutionen als reine physische gewalt, die sie benutzen können, um einen staat aufzubauen, der nicht gewalttätig gegen seine untertanen werden muss, um sich zu behaupten!!!
Richtig, aber dazu muß auch jemand vor Ort sein, der den Leuten beibringt, wie das geht.

Grüße, Thorsten
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: ein demokratischer Irak wäre schön

ich hoffe das die usa und restlichen verbündeten nicht nur das öl aus dem irak pumpen und das volk vergessen. nach dem motto mir doch egal wer da wohnt hauptsache ich hab mein öl. ein selbstständiger irak mit demokratie und selbstbewußstsein wird es nicht geben, da hat z.b. usa ein viel zu großes interesse daran. irak könnte z.b. den ölpreis erhöhen oder nichts an die usa liefern. aus diesen gründen kann es keinen habwegs eigenständigen irak geben
 
AW: ein demokratischer Irak wäre schön

hallo, forianer!

ich wollte diesen thread mal wieder beleben, nachdem in dieser woche viel über USA, irak, terror passiert ist und noch mehr drüber gesprochen worden ist. mit neuem general und neuem botschafter sowie deren neuen strategien versuchen die USA eine wende dort einzuleiten, wo ein zweites vietnam im geschehen begriffen ist. der unterschied zu vietnam ist, dass es nicht heißt gute amis und südvietnam gegen böse FNL und Nordvietnam. hier streiten mehrere gruppen. wie gestern bei der aufschlussreichen PHÖNIX-Runde zu erhaschen war, gibt es berichte, wonach sich schiitische clans im südirak untereinander bekriegen, um die politische und wirtschaftliche vorherrschaft zu bekommen. darauf lassen sich denn auch die häufigen anschläge in kerbala zurückführen. basra, was in westlichen medien so überschwänglich für eine stabilisierung gerühmt wurde, steht kurz vor dem zerfall, dann nähmlich, wenn der dort zwischen den verfeindeten clans (etwa 5-7) geschlossene waffenstillstand aufgekündigt wird.
anbar ist beruhigt, aber zu welchem preis? es wird wahrscheinlich, dass die US-streitkräft sich mit lokal angesehenen, aber regierungsuntreuen gruppierungen zusammengetan haben und ihnen inoffiziell die herrschaft, also auch die sicherheit über das gebiet abgetreten haben sollen. ich meine, dieses modell ist wirklich vorbildhaft, wenn man auf einen halbwegs stabilen irak besteht, auch wenn er damit noch schneller in einzelne gebiete zerfällt. auch wird neuerdings die ankunft und das sich-breitmachen von muddschahedin sowie al-qaida aus dem ausland als stören und beängstigend empfunden.
mit einer solchen lösung wie oben angemerkt, wird natürlich die regierung maliki noch mehr entmachtet. ich denke im zuge einer neuen strategie, wonach auch dieses kabinett seine unterstützung von den besatzern z.t. einbüßt, wird diese regierung nicht mehr das nächste osterfest (bei uns) erleben, ob an der macht oder sogar am leben.
 
AW: ein demokratischer Irak wäre schön

Also, wenn eine Diktatur eine mörderische Ordnung ist, dann bleibt nach ihrer visionslosen Abschaffung zuerst einmal mörderisches Chaos.

(Im Vergleich dazu ist manchen/vielen vermutlich die mörderische Ordnung noch lieber.)

Aber der Übergang eines ganzes Landes von einer mörderischen Ordnung in eine friedliche Ordnung ist ein echt komplexes Unterfangen: also nichts für die USA.

Ich vermute auch, dass sich das eher über einen Zerfall in kleinere Teile (siehe UdSSR, Jugoslawien) schrittweise erreichen lässt.

lg Frankie
 
AW: ein demokratischer Irak wäre schön

hallo freunde !
gestattet mir eine frage, warum sollten die iraki an einer demokratie nach
unserem vorbild interssiert sein ? unsere politische denkungsart, ist den
arabern doch fremd. die "geschenke", die ihnen unsere demokratie gemacht
hat, waren doch alles andere als morgengaben.
1) diebstahl von palästina 1500 000 flüchtlinge und ethnische säuberung
2) massaker im libanon
3) mit den waffenlieferungen an saddam auch giftgas mit kurden als versuchs-
kaninchen.
4) waffen und truppen zum schutz einiger, vom volk ungeliebten oberhäuptern
5) bomben auf städte und dörfer zum zweck der "befreiung".
das alles und noch viel mehr im namen des friedens, der freiheit und der demokratie.
das sind nur einige der markantesten beispiele, warum diese menschen die
"befreier" nie lieben werden und hinter vorgehaltener hand bestimmt vom
"guten alten saddam" reden werden.
das denkt bakunin
 
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AW: ein demokratischer Irak wäre schön

ich waere schon mal zurfrieden, wenn wir die regierung kriegen wuerden die wir gewaehlt haben. wir haben eine rote regierung gewaehlt und dabei ist das nur unser bundeskanzler. unsere regierung ist schwarz.. das kommt schon an die grenzen der demokratie, meiner meinung nach
 
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