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Die russische Journalistin Anna Politkowskaja wurde ermordet

Miriam

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26. Juni 2005
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9.722
Mit Bestürzung entnehme ich den Nachrichten, dass die russische Journalistin Anna Politkowskaja gestern in ihrer Wohnung erschossen aufgefunden wurde.

Als erstes möchte ich hier daran erinnern, dass 2004 schon ein Mordversuch auf diese bedeutende und sehr mutige Journalistin stattgefunden hat.
Um die Umstände die zu diesen Mordversuch geführt hatte zu verstehen, gebe ich hier einen Text wieder den ich 2004 verfasst hatte - nicht für das Denkforum:

"Anna Politkovskaja hat am 2. September 2004 versucht nach Beslan zu gelangen, mit der Absicht mit den Tschetschenischen Geiselnehmern zu verhandeln.
Journalistin der Novaia Gazeta, hatte Politkovskaia schon versucht zu vermitteln anlässlich der Geiselnahme im Theater Doubrovka.

Die Journalistin versuchte am 2.September dasselbe Flugzeug zu besteigen wie der Pediater Leonid Rochal, dessen Vermittlung von den Terroristen akzeptiert wurde. Der Journalistin wird dieser Flug nicht gewährt. Es gelingt ihr aber ein Flugzeug nach Rostov zu besteigen, von wo sie dann nach Beslan gelangen will.

Während des Fluges trinkt Politkowskaja einen Tee - es wird ihr dabei schlecht.
In Rostov wird sie in ein Krankenhaus eingeliefert, wo die Ärzte eine schwere Darminfektion diagnostizieren.
Sie kann nach Moskau zurückreisen, wo sie weiterhin behandelt wird.

Ist es eine Darminfektion oder eine Vergiftung? Dies bleibt erst ungeklärt.

Die Redaktion von Novaia Gazeta vergleicht diese Vorkommnisse mit dem Fall ihres Kollegen Jouri Chtchekotchikhin, der in Juli 2003 in einem Moskauer Krankenhaus verstarb, nachdem er zehn Tage in Koma lag.
Dieser Journalist war Mitglied einer Komission die die Sprengung einiger Gebäude in Moskau und im Süden Russlands untersuchen sollte. Bei diesen Attentaten sind rund 300 Menschen gestorben. Diese Attentate waren Auslöser des zweiten Tschetschenienkrieges.
Die Todesursache bei Jouri Chtchekotchikhin wurde nie mit Sicherheit geklärt.

Am 2 September wurde ein anderer Journalist, Andrei Babitski, verhaftet. Er ist Reporter bei Radio Svoboda (finanziert vom amerikanischen Kongress) -ein Kenner des Tchetchenienproblems. Er war auch unterwegs zum Moskauer Flughafen, um einen Flug nach Beslan zu nehmen. Babitski war lange in Grozny geblieben und berichtete während der Bombenangriffe über das Leid der Zivilbevölkerung.
Er wird am 2. September festgenommen, dann wieder freigelassen. Als er die Wache verlässt, wird er von zwei jüngeren Menschen in Civil in ein Gespräch verwickelt, wieder verhaftet unter der Anklage des Hooliganismus. Am 3. September wird er dem Gericht Solntsevo in Moskau vorgeführt.

So sind zwei Journalisten, unabhängig voneinander, die beide vermitteln wollten, nicht bis nach Beslan gelangt."


Ende meines zitierten Textes.

Wenn in 2004 noch versucht wurde dieses Mordattentat in Zweifel zu ziehen - zwar von politisch motivierter Seite -, ist ihre Erschießung in Oktober 2006 auch die Bestätigung des versuchten Attentats von vor zwei Jahren.
Und sollte uns eigentlich Anlass sein über die politischen Umstände in Russland nachzudenken.

Zu Anna Politowskaja werde ich im Laufe des späten Nachmittags noch ausführlicher schreiben.

Miriam
 
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AW: Die russische Journalistin Anna Politkowskaja wurde ermordet

Weltweit hat die Ermordung Anna Politkovskaïas eine große Bestürzung und Empörung aber zugleich auch Besorgnis ausgelöst. Sowohl die EU, als auch die OSCE haben ihre Befürchtungen zum Ausdruck gebracht – denn sie sehen den direkten Zusammenhang zwischen der Ermordung der prominenten Journalistin und ihren Recherchen und Kenntnissen der Ereignisse der letzten Jahren in Tschetschenien.
Und die Beobachtungen Politkovskaïas sind kennzeichnende Aspekte der imperialen Bestrebungen der Politik Wladimir Putins.

Belgiens Außenminister Karel De Gucht forderte heute die russischen Behörden dazu auf, „so bald wie nur möglich“ den Mord aufzuklären.

Thomas Hammarberg, Europakommissar für die Menschenrechte, sieht in der Ermordung von Anna Politkovskaïa ein besorgniserregendes Signal der Krise in der sich die Meinungsfreiheit in Russland befindet.

Der Generalsekretär des Europarates, Terry Davis weist darauf hin, dass „es nun am wichtigsten ist so schnell wie möglich die Umstände des Mordes aufzuklären. Ich bin sehr besorgt wegen der Umständen in denen diese Journalistin die ein außergewöhnlicher Mut kennzeichnete, ihr Leben verloren hat.“

Die Umstände sind tatsächlich besorgniserregend, denn man wusste bescheid, dass sie sich in einer ständigen Lebensgefahr befand. Wie konnte es sein, dass Politkovskaïa im Foyer des Hauses in dem sie wohnte, mitten am Tag erschossen wurde?
Das beweist zumindest eines: dass die Offiziellen nicht unbedingt an ihr Überleben interessiert waren – und damit drücke ich mich äußerst vorsichtig aus.

Dmitri Mouratov, Chefredakteur der Zeitung Novaïa Gazeta, bestätigte, dass die ermordete Journalistin von einer Mitbewohnerin gefunden wurde – Mitbewohnerin dessen Anonymat bewahrt wird.
Morgen erscheint übrigens die Novaïa Gazeta mit dem Allgemeintitel Anja – weil Anna von ihren Freunden so genannt wurde.
In den letzten Tagen hatte die Journalistin an einen Artikel gearbeitet der Montag erscheinen sollte und der die Foltermethoden der Russen in Tschetschenien ausführlich schilderte. Leider lag ihr Artikel der Redaktion noch nicht vor.

Anna Politkovskaïa war die letzte einer Serie von Mordopfern in den Reihen der russischen Avantgardejournalisten. Ich nenne hier nur zwei dieser Opfer: Wladislaw Listjew, Direktor des landesweiten Fernsehkanals ORT und der Amerikaner Paul Klebnikow, Chefredakteur der russischen Ausgabe der Wirtschaftszeitschrift "Forbes".

Diese Morde gehören eigentlich auch zu dem was ich weiter oben als imperiales Bestreben der aktuellen Politik Russlands bezeichnete. Denn es geht dabei immer um Journalisten oder um andere Prominente des öffentlichen Lebens die nicht in diesem Rahmen hineinpassen.
In 2004 wies Sergej Kowaljow, ehemaliger Menschenrechtsbeauftragter der Jelzin-Regierung, den man als die moralische Instanz Russlands bezeichnete in einem Interview auf folgendes hin:

"Weshalb sitzt Chodorkowski (gewesener Chef des Jukos-Ölkonzerns) im Gefängnis? Nicht deshalb, weil er keine Steuern bezahlt hat. Das stimmt nicht. Da können Gesetzesverstöße gefunden worden sein, aber die sind absolut typisch für das russische Geschäftsleben. Das reicht nicht für ein Untersuchungsverfahren. Das sind ganz normale Dinge aus dem Zivilrecht, die zu klären wären. Er sitzt im Gefängnis, weil er über sein politisches Verständnis gesprochen hat und weil er eine eigene politische Linie hat…

Man sollte sich vielleicht auch fragen welche die Gründe des neu entflammten Konfliktes mit Georgien tatsächlich sind. Ist es nicht das Bestreben der gewesenen Sowjetrepublik der NATO beizutreten?
Allerdings werden seit einiger Zeit sogar in den Schulen Listen erstellt, von den russischen Behörden angefordert, mit den Namen der georgischen Schüler.

Gruß von Miriam
 
AW: Die russische Journalistin Anna Politkowskaja wurde ermordet

Liebe Miriam!
Du hast im Thread "Scharia und......" erwähnt, dass du (ich fasse sinngemäß zusammen) bestürzt bist, weil auf diesen Thread hier keine Reaktion von uns usern kam.

Dazu möchte ich dir sagen, dass ich solche Eröffnungsbeiträge, wie deine zwei hier, nur sehr widerwillig lese. Sie sind zu lang, sie strotzen vor Zitaten aus anderen Berichten, es lässt sich schwer herauslesen, was du damit sagen willst, außer: Es ist schrecklich, dass sowas geschieht.

Dies war jetzt eine sehr grobe sehr persönliche Zusammenfassung meiner Empfindungen beim Lesen.

Ich weiß nichts bis sehr wenig über das, was sich in der zerbrochenen Sowjetunion derzeit abspielt. Mein Eindruck ist nur ein oberflächlicher, ich höre meistens nur Nachrichten im Radio, wo es wenig Hintergrundberichte gibt. Dass eine Journalistin, die sich sehr engagiert und die Missstände hinterfragt, dort umgebracht wird, ist in meiner Einschätzung der Umstände keine Überraschung. D.h. ich nehme von diesen Ländern hauptsächlich wahr, dass dort Mord und Gewalt zum alltäglichen Leben gehören und dass Meinungsunterschiede per Faustrecht ausgetragen werden. Ich will damit nicht sagen, dass ich wüsste, was dort wirklich los ist, sondern dass das der Eindruck ist, den die Nachrichten bei mir hinterlassen haben.

Es ist sicherlich nicht Gleichgültigkeit, die mich hier sprachlos macht. Es ist eher so, dass ich keinen Anhaltspunkt finden kann für eine kritische Betrachtung. Denn das, was für mich an moralischen Werten wichtig wäre, kann ich dort gar nicht wahrnehmen. Lebensumstände, die mir fremd sind, kann ich nicht mit meinen Massstäben beurteilen und schon gar nicht kritisieren.

Das einzige, was mir dazu einfiel, als ich vom Tod von Frau Politkowskaja las, war ihr Mut, sich trotz Morddrohungen nicht von ihrer Überzeugung abbringen zu lassen. Dieses Einstehen für die eigenen Werte ist ja das einzige, das uns zu ernstzunehmenden Mitspielern im Welttheater macht.

Ob es um die Bedrohungen durch die muslimischen Terroristen geht, oder um die Bedrohungen der Errungenschaften der Zivilisation und der Demokratie durch politische Entscheidungsträger, es geht doch immer darum, ob uns das, was wir als unsere Werte bezeichnen, wirklich so wichtig ist, dass wir sogar unser Leben dafür aufs Spiel setzen.

Solange wir den Eindruck erwecken, dass da noch jede Menge Verhandlungsspielraum ist, können wir auch nicht erwarten, dass wir von eventuellen Gegnern unserer Weltanschauung ernst genommen werden.

Nicht dass wir dafür unbedingt wirklich sterben müssen, aber die Schwammigkeit und Beliebigkeit vieler Reaktionen auf Forderungen, wie z.B. Umweltschutzmaßnahmen, Handelsembargos, Förderungskriterien in der EU, und was da sonst noch alles dazugehört an politischen Werkzeugen, würde sich erledigen. Eine gerade und fundierte Argumentation, die auf einer soliden inneren Haltung beruht, macht es ja erst möglich, gute Lösungen, auch mit Kompromissen, zu finden, die alle mittragen können.

Ein Herumgeeiere, wo der Eindruck entsteht, alles ist möglich, nichts ist wirklich wichtig, hauptsache wir dürfen alle mitreden, das ermüdet und führt kaum zu guten Ergebnissen.

Das waren meine Gedanken zum Tod einer starken Frau mit festen Überzeugungen.

:blume1:
herzlich
lilith
 
AW: Die russische Journalistin Anna Politkowskaja wurde ermordet

Weltweit hat die Ermordung Anna Politkovskaïas eine große Bestürzung und Empörung aber zugleich auch Besorgnis ausgelöst. Sowohl die EU, als auch die OSCE haben ihre Befürchtungen zum Ausdruck gebracht – denn sie sehen den direkten Zusammenhang zwischen der Ermordung der prominenten Journalistin und ihren Recherchen und Kenntnissen der Ereignisse der letzten Jahren in Tschetschenien.
Hallo Miriam!
Ja, die Welt ist besorgt: Aber Russland weniger, auch nicht das russische Volk!
Journalisten leben in Russland gefährlich. 261 Journalisten wurden seit Beginn der Perestroika von Michail Gorbatschow ermordet.

Allein die Nowaja Gaseta, eine der letzten Bastionen unabhängiger Berichterstattung in Russland, verlor in den knapp acht Jahren ihres Bestehens drei Redakteure. Vor dem Mord an Anna Politkowskaja wurden schon zwei Kollegen zur Strecke gebracht.

Ein anderes Beispiel: Oguksapar Muradowa berichtete für Radio Liberty aus Turkmenien. Mit 58 Jahren wurde sie im August zu sechs Jahren Haft verurteilt. Geheimdienstler hatten in ihrem Auto Munition gefunden, die sie ihr zuvor selbst untergejubelt hatten. Zwei Wochen nach der Urteilsverkündung wurde Muradowa in ihrer Zelle tot aufgefunden. Mit gebrochenen Halswirbeln und grausam verunstaltetem Gesicht. (Bericht im Kurier)

Die Fälle sprechen Bände über den Filz zwischen Macht, Wirtschaft und organisiertem Verbrechen: Als Igor Domnikow am 12. Mai 2000 nach Hause kommt, dreschen im Treppenflur zwei Männer mit dem Hammer auf seinen Kopf ein. Er stirbt zwei Monate später, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben. Der Grund: Ein Artikel zu Mauscheleien von Sergej Darowskij, damals Vizegouverneur im Gebiet Lipezk..

2003 wurde der Journalist und Aufdecker Jurij Schtschekotschichin mit Gift zum Schweigen gebracht.



Andrej Iwanowski, 49, ist Schriftsteller und Journalist in Moskau. Er meint, dass es in Russland schon seit Jahren Selbstzensur gibt. Warum das so ist, finde ich für erschütternd:
Aus dem Volk kommt keine Unterstützung, nur die Intellektuellen trachten nach Freiheit.
Man hat sich vom Liberalismus bald abgewandt, von den 20 Prozent blieben nur 3 – 7 %.
Der Patriotismus hat gesiegt. Putin braucht keinen Druck auszuüben, das Volk kümmert sich nicht um die kritischen Worte der Journalisten und um ihr Schicksal. Daher deren Selbstzensur.
Putin selber sagte nach Politkowskajas Ermordung, ihre Beiträge hätten kaum Wirkung auf die öffentliche Stimmung gehabt.

Lassen sich da nicht auch gewisse Rückschlüsse auf die Politik allgemein ziehen, etwa in D oder Ö.?
Übertriebenen Patriotismus, der zu Fanatismus führt, gibt es nicht nur in Russland, auch wenn das dort etwas anders ausschaut als bei uns...

lg
Andreas
 
AW: Die russische Journalistin Anna Politkowskaja wurde ermordet

Lieber Andreas,

danke dir, dass du das Thema in seiner Brisanz erfasst und es auch wieder aufnimmst.

Du fragst:

Lassen sich da nicht auch gewisse Rückschlüsse auf die Politik allgemein ziehen, etwa in D oder Ö.?

Gerade gestern hat mich dieser Aspekt nachdenken lassen über die Art wie gewisse Themen der Politik doch eng miteinander verknüpft sind.
Anlass war die Art wie Putin beim gestrigen EU-Gipfel im finnischen Lahti, trotz der Geschehnissen der letzten Zeit (darauf komme ich noch zurück), so empfangen wird als würde man sich unter demokratischen Politikvertretern treffen. Putin aber erlaubt sich mit den ihm gestellten Fragen zur Energieversorgung herumspringt wie er es will.
Man gibt sich fast schon zufrieden mit der Sicherung Romano Prodis: "Das wird ein Winter, wo ausreichend Energie verfügbar sein wird".

Nun, was meine ich mit der engen Verknüpfung gewisser Themen: eigentlich wäre das einzige Thema das man mit Putin zur Zeit diskutieren sollte , das der Missachtung der Menschenrechte in Russland.
Durch eine verfehlte Energiepolitik haben sich aber die westlichen Staaten vom russischen Öl und der Gunst des Herrn im Kreml völlig abhängig gemacht.

Ich kann dir nicht zustimmen wenn du schreibst, dass der Patriotismus gesiegt hat. Es geht hier um einen extremen Nationalismus, einen Chauvinismus, gepaart mit Antisemitismus und mit der Verachtung all dessen was nicht im engstem Sinne russisch ist. Siehe auch Georgien.

Doch nochmals zurück zur Art wie Menschenrechte in Putins Russland mit Füßen getreten werden: es wurden nun knapp hundert Nichtregierungsorganisationen verboten, um nur zwei zu nennen: Amnesty International und Human Rights Watch.

Um nicht nur bei Anna Politkowskaia zu bleiben wenn wir über die "Meinungsfreiheit" in Russland sprechen - und über die Gefahr für diese in Russland zu kämpfen:

Die ehemalige Kreml-Korrespondentin Elena Tregubova berichtet über die Art wie der Kreml die Meinungsäußerung in Russland einzuschränken weis. In den Pressekonferenzen die im Kreml stattfinden dürfen nur Fragen gestellt werden die vorweg bei der Pressestelle des Kremls eingereicht und auch genehmigt wurden. Da Elena Trebukova sich nicht daran hielt, verlor sie ihre Stelle als Kreml-Korrespondentin der Tageszeitung "Kommersant".

Übrigens explodierte in Februar 2004 eine Bombe vor der Moskauer Wohnung der Journalistin. Sie hatte gerade ein Putin-kritisches Buch veröffentlicht: "Die Mutanten des Kreml".


Liebe Grüße

Miriam
 
AW: Die russische Journalistin Anna Politkowskaja wurde ermordet

Ich kann dir nicht zustimmen wenn du schreibst, dass der Patriotismus gesiegt hat. Es geht hier um einen extremen Nationalismus, einen Chauvinismus, gepaart mit Antisemitismus und mit der Verachtung all dessen was nicht im engstem Sinne russisch ist. Siehe auch Georgien.
Ja, das sehe ich ein, Miriam, "Patriotismus" ist meist positiv besetzt. Trotzdem sehe ich das auch anders: Patriotismus ist für mich sooo normal, dass ich ihn nicht so stark betonen muss und daraus nicht schon einen Fundamentalismus konstruieren muss. Sobald ich diesen P. predige, ob direkt oder indirekt, kann eine Vorstufe zum Nationalismus entstehen.

Nationalismus ist für mich im Gegensatz zum P. viel mehr auf Ausländerfeindlichkeit konzentriert, der soziale Aspekt wird da überzeichnet. Das gibt es in Russland bestimmt so wie bei uns auch, aber 80 oder 90 % sind dennoch noch nicht Nationalisten, auch bei uns nicht. Es ist der engstirnige, begrenzte P., der nicht oder zu wenig offen ist für notwendige grenzüberschreitende Ideen. Durch den fehlenden Weitblick mangelt es dann auch am nötigen Durchblick und schließlich am Interesse für Offenheit und Liberalität – am Interesse für das Schicksal anderer und an deren Kritik. Andere, scheinbar wichtigere Interessen stehen nämlich im Vordergrund, weniger die Menschenrechte. Man durchschaut dabei nicht den Zusammenhang zwischen Menschenrechte, Gemeinschaftsleben, Informationsfreiheit, Wirtschaft.
Und wenn das breite Interesse fehlt, führt das offenbar immer mehr zur Selbstzensur.

Lg
Andreas
 
AW: Die russische Journalistin Anna Politkowskaja wurde ermordet

Liebe Miriam,
telepathisch habe ich festgestellt, dass Du mit dieser Patriotismus – Nationalismus Definition nicht ganz einverstanden bist. ;) Die Grenzen sind ja tatsächlich irgendwie verschwommen, die Elemente sind auf beiden Seiten vorhanden. In krassen Fällen ist es eindeutiger. Wenn ein Asylantenhaus niedergebrannt wird, ist das eher Nationalismus, eine Anfeuerung der eigenen Mannschaft bei einem Ländermatch zählt eindeutig zum Patriotismus.

Für mich zählt die Tatsache, dass das russische Volk beim 2. Tschetschenienkrieg viel mehr hinter der Regierung stand als beim ersten zum verhängnisvollen Patriotismus, woraus ich meine differenzierenden Schlüsse zog. Warum gibt es nur Kritik von intellektueller Seite? Ist es nicht auffällig, dass hier kaum Hetzer und Polemiker am Werk sind, die gegen die Regierung agieren, wie wir es in Demokratien gewohnt sind, sei es in Ö, D, F, B oder NL?
Putin und seine Regierung sind selber Polemiker und Aufwiegler, sie stacheln patriotische Gefühle an, um Kriege zu führen oder innenpolitisch unumschränkt agieren (und sogar morden!) zu können!

Gewisse Parallelen zu den USA fallen mir da sehr wohl auch ein. Bush hat v.a. vor dem Irakkrieg gewaltig polemisiert und hat so sogar eine Wiederwahl erreicht – das Volk war mehrheitlich dafür genügend manipuliert und "patriotisiert".
Nur: In den USA herrscht eine völlig andere Demokratieform mit einem wesentlich besseren Selbstreinigungseffekt. Die Trendwende ist dort bereits festzustellen, meine ich, wie schon so oft zuvor in der Geschichte.

Vergleiche zu uns: Auch hier sind die größten Feindbilder der Polemiker und Hetzer u. a. die Intellektuellen, die das enge, allzu patriotische Korsett durchschauen wie auch die Verlogenheit und den Betrug, der dahinter steckt. Es werden dann von gewissen Boulevardmedien und Politikern Parolen gezimmert und verbreitet wie etwa die "Vaterlandsverräter"...

lg
Andreas
 
AW: Die russische Journalistin Anna Politkowskaja wurde ermordet

auch hier sind die größten Feindbilder der Polemiker und Hetzer u. a. die Intellektuellen, die das enge, allzu patriotische Korsett durchschauen wie auch die Verlogenheit und den Betrug, der dahinter steckt.

Gottseidank haben Andreas61 und Miriam durchschaut,
welche Hetzer in der israelischen Regierung am Werk sind

telepathisch habe ich festgestellt, dass Du mit dieser Patriotismus – Nationalismus Definition nicht ganz einverstanden bist.

wie von Geisterhand können die beiden sicher zwischen dem Volk Israel und dem israelischen Volk unterscheiden
 
AW: Die russische Journalistin Anna Politkowskaja wurde ermordet

Lieber Andreas,

vorläufig einen Dank hauptsächlich für deinen letzten Beitrag in dem du auch den Vergleich zu Dabl Bush machst. Schon jetzt sei gesagt, dass dieser immer unpopulärer wird - und nicht nur in einer intellektuellen Schicht. Die Frage stellt sich wie es sich eigentlich mit Putin verhält, also mit seiner Popularität.

Ich möchte aber in Ruhe etwas später auf dieses Thema, welches uns alle eigentlich betrifft, eingehen.

Liebe Grüße

Miriam
 
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AW: Die russische Journalistin Anna Politkowskaja wurde ermordet

Hallo und einen schönen guten Morgen,

bei allen Gedanken, die ihr euch macht, hat einer einmal darüber nachgedacht, daß die Richtung der Diskussion eine verkehrte sein könnte?
Putin dürfte keinerlei Interesse daran haben, mit solchen Aktionen internationale Aufmerksamkeit zu bekommen, innenpolitisch erst recht nicht.
- etwas das mir schadet kann nur meinem Feinde nutzen -
Und betrachtet dies bitte unter dem Aspekt der kommenden Wahlen in Russland.
 
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