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Demenz?

scriberius

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2. Juli 2011
Beiträge
4.342
Mein Nachbar ist bereits über 80, hat hier keine Verwandtschaft und so kümmern sich hauptsächlich eine gute Bekannte von ihm und ich mich um ihn. Sie greift ihm im Haushalt unter die Arme und ich mehr bei technischen Dingen. Dass er geistig nicht mehr so ganz fit ist, das würde ich auch sagen. In letzter Zeit hörte ich mehrfach die Aussage, der wäre dement; auch meine Frau glaubt das. Sie sagen, er wäre verwirrt und oft nicht richtig da. Das Komische dabei ist, dass ich noch keinerlei Anzeichen davon bemerkt habe, wohl aber, dass er sich in ihrer Gegenwart stark zurückzieht, ausklinkt. Kann es sein, dass das, was als Demenz interpretiert wird, Reaktion auf dominantes, bestimmendes Verhalten ist? Mir ist noch keine geistige Fehlleistung aufgefallen, wir arbeiten zusammen, wie vor 10 Jahren auch. Kann es sein, dass er spürt, dass ich ihn ernst nehme, die Damen aber nicht mehr so ganz und er deshalb geistig flüchtet?
 
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AW: Demenz?

... In letzter Zeit hörte ich mehrfach die Aussage, der wäre dement

... Das Komische dabei ist, dass ich noch keinerlei Anzeichen davon bemerkt habe

... Mir ist noch keine geistige Fehlleistung aufgefallen, wir arbeiten zusammen, wie vor 10 Jahren auch.



Wer soll dir das denn beantworten?




Svensgar.


Kann es sein, daß Sie und er eine ähnliche Rückwicklung durchmachten und Ihnen deshalb nichts auffällt?

Wie sieht denn diese Zusammenarbeit zwischen Ihnen und ihm konkret aus?


 
AW: Demenz?

hmmm - ich glaube, ihr habt mich nicht so recht verstanden. Was ich meinte: kann es sein, dass jemand vorschnell als dement abgestempelt wird, der nur in seiner Art auf die Umwelt reagiert, genauer, auf die jeweilige Person? Ich sah im Fernsehen eine Reportage zum Thema, die eine Frau zeigte, die Demente betreut. Sie sagt, man müsse auf sie eingehen und sich selbst in ihre Welt begeben, um sie zu erreichen. Sie spricht dann mit den Betroffenen und übernimmt die Rolle, die sie für ihn offenbar gerade einnimmt. Das übliche Verhalten ist ein ganz anderes. Es wird versucht, sie auf ihren Irrtum aufmerksam zu machen und der Besserwisser herausgekehrt. Das die "Betreuten" darauf mit Rückzug reagieren, ist logisch. Der Normalo kann damit nicht umgehen, sieht sich möglicherweise selbst davon bedroht und reagiert ablehnend genervt - und treibt den Betroffenen so noch weiter hinein.

Wie gesagt, ich habe bei ihm noch nie geistige Fehlleistungen bemerkt, wir haben erst letzte Woche zusammen einen Schrank durchs Treppenhaus gewuchtet, was nur ganz knapp gelang, wobei er im entscheidenden Moment die richtige Idee hatte. Depressiv ist er.
 
AW: Demenz?

hmmm - ich glaube, ihr habt mich nicht so recht verstanden. Was ich meinte: kann es sein, dass jemand vorschnell als dement abgestempelt wird, der nur in seiner Art auf die Umwelt reagiert, genauer, auf die jeweilige Person? Ich sah im Fernsehen eine Reportage zum Thema, die eine Frau zeigte, die Demente betreut. Sie sagt, man müsse auf sie eingehen und sich selbst in ihre Welt begeben, um sie zu erreichen. Sie spricht dann mit den Betroffenen und übernimmt die Rolle, die sie für ihn offenbar gerade einnimmt. Das übliche Verhalten ist ein ganz anderes. Es wird versucht, sie auf ihren Irrtum aufmerksam zu machen und der Besserwisser herausgekehrt. Das die "Betreuten" darauf mit Rückzug reagieren, ist logisch. Der Normalo kann damit nicht umgehen, sieht sich möglicherweise selbst davon bedroht und reagiert ablehnend genervt - und treibt den Betroffenen so noch weiter hinein.

Wie gesagt, ich habe bei ihm noch nie geistige Fehlleistungen bemerkt, wir haben erst letzte Woche zusammen einen Schrank durchs Treppenhaus gewuchtet, was nur ganz knapp gelang, wobei er im entscheidenden Moment die richtige Idee hatte. Depressiv ist er.


Ich denke, du liegst ganz richtig!
Es hängt stark vom Gegenüber ab, wie sehr man sich öffnet und natürlich kann man auch durch jemanden, der alles besser weiß (über den anderen, über sich selbst ist es ja ok), verunsichert werden.
Das kann man ja schon in der Schule beobachten, dass ein Schüler verwirrt wird und nix Gescheites mehr rausbringt, wenn ihm ein Lehrer zu sehr und abwertend auf die Pelle rückt, während er, kaum draußen, wieder durchaus selbstsicher auftritt.
Bei sich selber kann man 's auch beobachten, übrigens! :D
Ok, vielleicht ist es ja nicht bei jedem so..... :dontknow:
 
AW: Demenz?

@scriberius
Demenz ist sicher zu einer Modekrankheit geworden, die einerseits erlaubt nicht mehr ausreichend funktionierende Menschen beruhigenderweise als krank zu kategorisieren und bestenfalls mit Medikamenten zu behandeln (sie bekommen dadurch noch Profitpotentional) und andererseits es den alten Menschen die mit der Rasanz der Veränderungen naturgemäß nicht gut zurechtkommen, ermöglicht sich in eine Nische zurückzuziehen.

Die Patientin, an der Alois Alzheimer die nach ihm benannte Krankheit erstmals diagnostiziert hat, war übrigens eine relativ junge Frau (ich glaub, so um die 50). Die alten Menschen, denen heute die Alzheimerische Krankheit zugeschrieben wird, wären zur Zeit Alois Alzheimers wahrscheinlich gar nicht besonders aufgefallen.
 
AW: Demenz?

Mein Nachbar ist bereits über 80, hat hier keine Verwandtschaft und so kümmern sich hauptsächlich eine gute Bekannte von ihm und ich mich um ihn. Sie greift ihm im Haushalt unter die Arme und ich mehr bei technischen Dingen. Dass er geistig nicht mehr so ganz fit ist, das würde ich auch sagen. In letzter Zeit hörte ich mehrfach die Aussage, der wäre dement; auch meine Frau glaubt das. Sie sagen, er wäre verwirrt und oft nicht richtig da. Das Komische dabei ist, dass ich noch keinerlei Anzeichen davon bemerkt habe, wohl aber, dass er sich in ihrer Gegenwart stark zurückzieht, ausklinkt. Kann es sein, dass das, was als Demenz interpretiert wird, Reaktion auf dominantes, bestimmendes Verhalten ist? Mir ist noch keine geistige Fehlleistung aufgefallen, wir arbeiten zusammen, wie vor 10 Jahren auch. Kann es sein, dass er spürt, dass ich ihn ernst nehme, die Damen aber nicht mehr so ganz und er deshalb geistig flüchtet?
Hallo Scriberius !

Vorerst einmal finde ich es einmal schön, dass es noch Nachbarschaftshilfe gibt.

Dass man auch ohne Demenz auf dominantes Verhalten anderer negativ reagiert, halte ich für sehr wahrscheinlich, auch, dass man trotz Demenz ernst genommen werden will.

Falls wer tatsächlich - unheilbar - dement ist, wünsche ich ihm/ihr dass er/sie auch seine negativen Erlebnisse vergisst.

Falls ich selbst etwas vergessen habe, tröste ich mich psycho-logisch: es kann wohl nicht so wichtig gewesen sein.

Liebe Grüße

Zeili
 
AW: Demenz?

Mein Nachbar ist bereits über 80, hat hier keine Verwandtschaft und so kümmern sich hauptsächlich eine gute Bekannte von ihm und ich mich um ihn.
Welch ein Wunder!:kuesse: Eine gute nachbarschaftliche Liebe und Hilfe. Davon träume ich auch immer noch.
Sie greift ihm im Haushalt unter die Arme und ich mehr bei technischen Dingen.
Auch noch eine gute Ergänzung von weiblichen und männlichen Fähigkeiten, das ist ja schon das Paradies schlechthin.
Dass er geistig nicht mehr so ganz fit ist, das würde ich auch sagen.
Mama Mia, hat er in seinem Alter nicht einfach ein Recht dazu? :dontknow:
In letzter Zeit hörte ich mehrfach die Aussage, der wäre dement; auch meine Frau glaubt das.
Das ist aber kein Glaube der gerade Berge versetzt sondern welches aufbaut.
Sie sagen, er wäre verwirrt und oft nicht richtig da.
Dann nehmen sie es so wahr. Und jetzt?
Das Komische dabei ist, dass ich noch keinerlei Anzeichen davon bemerkt habe, wohl aber, dass er sich in ihrer Gegenwart stark zurückzieht, ausklinkt.
Dann sprich doch dieses Verhalten im Beisein aller Beteiligten an!
Kann es sein, dass das, was als Demenz interpretiert wird, Reaktion auf dominantes, bestimmendes Verhalten ist?
Ja mit Sicherheit, so wie ich allergisch :spei1: auf Männer reagiere, die auf starken Frauen stehen. Ich kann solche Typen einfach nicht ausstehen und sorge ganz schnell dafür dass sie erst einmal sich auf die eigenen Beine stellen. Oh weh, dann ist aber das :bwaah: Geschrei groß.
Mir ist noch keine geistige Fehlleistung aufgefallen, wir arbeiten zusammen, wie vor 10 Jahren auch.
Dann freu Dich doch über Deine Wahrnehmung und baue sie aus.
Kann es sein, dass er spürt, dass ich ihn ernst nehme, die Damen aber nicht mehr so ganz und er deshalb geistig flüchtet?
Ich verlasse mich auch wieder immer mehr auf mein Gespür und nehme mich da ernst. Aber was möchtest Du mit dieser Frage hören? Dass Du besser bist als die "Damen" ? Brauchst Du einen Trumpf gegenüber solcher Abwertung?
Für mich besteht doch die entscheidendere Frage, was maßen sich andere Leute eigentlich alles an in dem sie Diagnose erstellen? Welche Befugnis und Kompetenz haben sie dazu? und wie kann mit dieser Sucht um gegangen werden? :dontknow:
:saugen: :dontknow: :buegeln:
rg​
 
AW: Demenz?

hmmm - ich glaube, ihr habt mich nicht so recht verstanden. Was ich meinte: kann es sein, dass jemand vorschnell als dement abgestempelt wird, der nur in seiner Art auf die Umwelt reagiert, genauer, auf die jeweilige Person?
Du hast doch davon in Deinem ersten Beitrag berichtet, wieso stellst Du jetzt eine solch hirnverbrannte Frage? Ich Deine Beobachtung falsch oder traust Du Dir selber nicht über den Weg?
Ich sah im Fernsehen eine Reportage zum Thema, die eine Frau zeigte, die Demente betreut. Sie sagt, man müsse auf sie eingehen und sich selbst in ihre Welt begeben, um sie zu erreichen. Sie spricht dann mit den Betroffenen und übernimmt die Rolle, die sie für ihn offenbar gerade einnimmt.
Eben diese Frau scheint eine emotionale Klugheit zu besitzen und sich auf ihr Gegenüber so einstellen zu können, wie es gerade gebraucht wird.
Das übliche Verhalten ist ein ganz anderes.
Aus diesem Grunde schreibe ich ja in meiner Signatur: Das Private ist das Politische
Ich habe mir aber von Dir auch nur eine schwere Rüge eingehandelt und Du hast die beleidigte Leberwurst gespielt, als ich mich so verhalten habe, dass es Deiner Erwartung zu wider läuft.
Es wird versucht, sie auf ihren Irrtum aufmerksam zu machen und der Besserwisser herausgekehrt.
Anstatt ganz einfach den Wunsch um den es geht so oft zu wiederholen und als eine Ich - Botschaft zu senden. Z.B. Ich möchte jetzt spazieren gehen. Gehen sie mit?
Das die "Betreuten" darauf mit Rückzug reagieren, ist logisch.
Das kannst Du nur so sehen, weil Du den ganzen Kontext vor Augen hast.
Der Normalo kann damit nicht umgehen, sieht sich möglicherweise selbst davon bedroht und reagiert ablehnend genervt - und treibt den Betroffenen so noch weiter hinein.
Der Normalo ist eben in eine Norm gepresst und es ist ihm meist der Kontakt zu den eigenen natürlichen und spontanen Bedürfnissen abgeschnitten. Da ist eben erst einmal herauszufinden, wie der einzelne Normalo selber so denkt. Immerhin handelt es sich da ja um die Mehrheit in unserer Bevölkerung.

Wie gesagt, ich habe bei ihm noch nie geistige Fehlleistungen bemerkt, wir haben erst letzte Woche zusammen einen Schrank durchs Treppenhaus gewuchtet, was nur ganz knapp gelang, wobei er im entscheidenden Moment die richtige Idee hatte.
Ist doch supi, dann ist er bei Dir eben anders als bei den "Damen"
Depressiv ist er.
Und was willst Du uns hier mit dieser Diagnose erklären?
Es hängt stark vom Gegenüber ab, wie sehr man sich öffnet und natürlich kann man auch durch jemanden, der alles besser weiß (über den anderen, über sich selbst ist es ja ok), verunsichert werden.
Das ist doch immer gut bei der Sündenbocksuche zu bleiben und eine verallgemeinernde Norm aufzustellen. Damit die Normalos unter sich und ausgegrenzt bleiben.
Das kann man ja schon in der Schule beobachten, dass ein Schüler verwirrt wird und nix Gescheites mehr rausbringt, wenn ihm ein Lehrer zu sehr und abwertend auf die Pelle rückt, während er, kaum draußen, wieder durchaus selbstsicher auftritt.
Du weißt ja bei man gut Bescheid und man muss wohl ein Synonym für den großen Bruder sein, der undurchschaubare Befehle ausgibt.
Ja ja das tut man halt so und wehe, wehe wenn da einer ausschert dann verliert man ja seine Macht, die ja so wie so keiner haben will. :lachen:
Bei sich selber kann man 's auch beobachten, übrigens! :D
Man kann sich auch den Finger im Nassloch brechen! :lachen:
Ok, vielleicht ist es ja nicht bei jedem so..... :dontknow:
Das beruhigt mich doch jetzt ungemein, dass Du auch Ausnahmen bei diesem verallgemeinernden Geschwafel in Erwägung ziehst. Wenn ich das so lese, dann kommt mir nur der Gedanke, das bei Dir auch nur die Welt mit Brettern zugenagelt ist :wut3:
Dass man auch ohne Demenz auf dominantes Verhalten anderer negativ reagiert, halte ich für sehr wahrscheinlich, auch, dass man trotz Demenz ernst genommen werden will.
Ach das ist eine interessante Verknüpfung ein dominanter Mensch nimmt Dich automatisch nicht ernst? Das erinnert mich doch ungemein an die Beziehungsdynamik die Watzlawick aufgezeichnet hat.
Mann entzieht sich - Frau nörgelt - Mann entzieht sich - Frau nörgelt - Mann entzieht sich - Frau nörgelt - Mann entzieht sich - Frau nörgelt -
Falls wer tatsächlich - unheilbar - dement ist, wünsche ich ihm/ihr dass er/sie auch seine negativen Erlebnisse vergisst.
Ich gehe mal davon aus, dass der Sinn und Zweck der Demenz ist seelisch belastete Erinnerungen zu vergessen und keine Verantwortung dafür mehr übernehmen zu müssen. Vor allen Dingen, wenn die Angst vor Strafe und die Vermeidung von Strafe ein alles beherrschendes Motiv sein kann.
Falls ich selbst etwas vergessen habe, tröste ich mich psycho-logisch: es kann wohl nicht so wichtig gewesen sein.
Ich meine es kommt immer darauf an, was ich vergesse, wenn es ein Termin mit einer anderen Person ist und dass dann vergessen habe, dann stimmt auch etwas mit der Beziehung zu dieser Person nicht.

:autsch:
rg​
 
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AW: Demenz?

Spielt es für die Beziehung eine Rolle welche Begriffe die Mitmenschen verwenden und warum?
Wir alle wissen wie leicht der Begriff Alzheimer ausgesprochen ist, eine Form der Demenz.
Würde mich im Umgang mit dem alten Menschen nicht von eventuellen Reaktionen der ahnungslosen Umwelt beeinträchtigen lassen, egal was sie sagen.
Oder versuchen es allen Mitmenschen Recht zu machen und sich dabei selbst zerstören, ein Patient mehr.
 
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