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...dass diese Furcht zu irren...

Nachteule

New Member
Registriert
30. August 2004
Beiträge
240
Hallo,
ich bin ein „Frischling" unter Euch und sozusagen dabei, einen „Seitensprung" zu begehen, denn ursprünglich bin ich in Walters Esoterikforum angemeldet (wenn auch unter anderem Nick). Aber von Zeit zu Zeit habe ich schon hier als „blinder Passagier" Eure Beiträge mitgelesen und spielte hin und wieder mit dem Gedanken, mich anzumelden und den einen oder anderen Kommentar zu schreiben. In letzter Konsequenz scheute ich bislang davor zurück, weil ich echt zu unsicher war, ob meine philosophischen Kenntnisse bzw. Er-Kenntnisse für ein „Denk-Forum" ausreichend sind. Dann jedoch kam mir dazu wieder mal der Satz ins Gedächtnis, der mich vor ein paar Jahren ganz unvermittelt traf. Und zwar besuchte ich mit zwei Freundinnen das Musical „Miss Saigon" in Stuttgart, als mir bei der Ankunft in Stuttgart ein Satz ins Auge fiel:
„...dass diese Furcht zu irren schon der Irrtum selbst ist" prangte dort in großen Lettern am Gebäude des Hauptbahnhofes, wohl eine Hommage an den berühmten Sohn der Stadt, an Georg Friedrich Wilhelm Hegel. Ich weiß nicht, ob diese Zeile noch immer dort angebracht ist, jedenfalls hat sie mich schon jahrelang begleitet und in vielen zaudernden Situationen habe ich daraus Mut gefasst.
Wie gefällt Euch diese Aussage, spricht sie Euch ebenfalls an?
Lb. Gruß
Nachteule Helga
 
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Grüß Dich, Nachteule! Fein, dass Du auch zu uns gestoßen bist.

Mir gefällt dieser Spruch total gut, so dass ich sofort in die Tasten haue, um darauf zu antworten.

Ich finde, wenn Menschen sehr von Skrupeln geplagt werden ( ich gehöre auch zu denen, die am liebsten immer das, was sie sagen, zurücknehmen würden, weil ich Angst habe, mich zu irren, den anderen doch zu beleidigen, Unrecht zu haben - und was es dergleichen noch gibt-), also ich finde, wenn man immer so eine Haltung an den Tag legte, ginge nichts weiter im Leben.

Auf Nummer sicher im Leben zu stehen,also Angst vor Irrtümern zu haben, bedeutet dann aber letzlich für mich Stillstand.
Nur wer handelt und dabei selbstständig denkt,kann sich irren.
Ich denke, der Irrtum ist als Voraussetzung für den allgemeinen Lernprozess eine Voraussetzung.Das fängt beim Kleinkind an und endet beim Greis, der Greisin.Das fängt im Schulunterricht an und endet in den Wissenschaften.

Ich will gar nicht den abgedroschenen Spruch: Lernen durch trial and error ( Versuch und Irrtum) als Beweis für meine These anführen.


Ich irre mich ungern, aber bekenne: nur durch die Irrtümer in meinem Leben bin ich weiter gekommen in Richtung zielgenauerer Fremdbeobachtung, ehrlicherer Selbstbeobachtung.

Sei herzlich begrüßt in unserer Runde!

Marianne
 
Nachteule schrieb:
Hallo,
...
in Stuttgart ein Satz ins Auge fiel:
„...dass diese Furcht zu irren schon der Irrtum selbst ist" prangte dort in großen Lettern am Gebäude des Hauptbahnhofes, wohl eine Hommage an den berühmten Sohn der Stadt, an Georg Friedrich Wilhelm Hegel.

...daraus Mut gefasst.

Wie gefällt Euch diese Aussage, spricht sie Euch ebenfalls an?

Lb. Gruß
Nachteule Helga

Hallo Helga,

zumindest ist mir diese Aussage zwar nicht am Hauptbahnhof, aber doch hier aufgefallen, d.h. sie spricht mich zumindest schon mal an.

Ob sie mir gefällt? Das ist eine andere Sache.

Ich habe diese Aussage untersucht und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass ich es zwar für richtig halte sich nicht zu fürchten, dass man einen Irrtum begehen könnte, diese Furcht wie es geschrieben steht quasi selbst schon der Irrtum ist - habe aber auch vernehmen können, dass ich nicht jedermanns Furcht als Irrtum sehen möchte, wenn ohne diese Furcht Handlungen vollzogen werden würden, die in irgendeiner Weise (seien es ästhetische, moralische oder sonstige) mich bzw. den jenigen selbst negativ tangieren würden.

Im übrigen setze ich eher auf den Willen zur Erklärung als auf die Überwindung oder Nicht-Überwindung von Furcht. Hegel schätze ich in manch seiner Aussagen.

viele Grüße

Kriss



PS: Ich bin bereits seid 1,5 Jahren Mitglied dieses Forums, wie ich eben feststellte - dies ist jedoch mein 1. Eintrag.
 
Zuletzt bearbeitet:
... wer nicht kämpft hat schon verloren ...
-> wer Angst hat zu kämpfen hat schon verloren
-> wer Angst hat zu verlieren hat schon verloren

Irgendwie schlägt das alles in die gleiche Kerbe, oder? Wer das zu fürchtende meidet, ist davon betroffen / befangen.

Dahinter scheint mir eine eher dialektische Wahrnehmung von Wirklichkeit und gesellschaftlichen Mechanismen zu stecken, denn die Befangenheit die aus der Vermeidung resultiert ist ja kein eigentlich bzw. immanente sondern viel eher eine, die auf die Interdependenzen zwischen Mensch und Umwelt verweist. Ein mündiger Bürger beispielsweise, der aus Angst vor Entmündigung schweigt, ist ja nicht im Selbstbezug unmündig sondern erst im Bezug auf Gesellschaft oder einer spezifischen Instanz in dieser.

Weiterhin könnte man derartige Aussagen auch kommunikationsanalytisch auffassen: "Wer schweigt spricht" ("Man kann nicht..."). Somit würden wir semiotische Bezüge auf "Welt" übertragen und jede mögliche und unterlassene Interaktion / Reaktion als eben solche auffassen (quasi mit negativem Vorzeichen).

Abschließend stelle ich fest, dass meine eingangs aufgestellte "Argumentationsstruktur" eigentlich um ein Element verkürzt ist: Korrekt müsste sie lauten: "Wer das negative Ergebnis einer wertneutralen Handlung fürchtet, fehlt an einem möglichen positiven Ergebnis". So gesehen kokettieren diese Schlüsse etwas mit einem Denkfehler, denn immerhin ist die Wertung positiv / negativ eben nicht absolut vorhanden (eine negative Konsequenz kann ja so gravierend sein, dass eine mögliche positive nicht relevant scheint).

Konkret ist das Hegel- Zitat auch ein möglicher Widerstand gegen deterministische Weltbilder, der Irrtum könnte so auch im Glauben an eine Möglichkeit von Irrtümern bestehen. Das würde das Zitat zu einem netten Paradox machen ;)
Im Zeitkontext könnte man es auch als Appell an die Zeitgenossen verstehen, aus falscher Eitelkeit nicht in Unbildung zu versumpfen. ("Wer nicht fragt bleibt dumm") [was man in Kinderreimen nicht alles vermittelt bekommt].

cf

P.S. Ich weiß irgendwie nicht, was ich von meiner eigenen Herangehensweise halten soll. Habe ich dich falsche Brille auf?
 
ich glaube, nachteules gedanke war, dass sie eine zeit dem forumstreiben zugesehen hat und mitplaudern wollte, sich aber nicht getraut hat aus der angst, sich blamieren zu können
dann hat sie sich aber aufgerafft mit dem argument "wenn ich es nicht probiere, werde ich es nie erfahren"

das wollte sie uns mit dem eingangspost mitteilen und unseren response bezüglich des argumentes und ihrer nunmehrigen anwesenheit ermitteln

insofern: willkommen, nachteule :)
 
:winken1: Hallo Helga und auch von mir ein "Willkommen".

Ihr habt ja alle recht, aber habt ihr nicht auch manchmal Angst, ihr könntet euch nicht irren? Ich schon!

:clown3:
 
Hallo,
möchte mich bedanken für die Begrüßungsworte und Eure Beiträge zum Thema „Irrtum“, hab' mich „irre“ gefreut :)

@ majanna: ich stimme mit Dir überein, dass Angst vor Irrtümern zur Stagnation des Fortkommens führt, man legt sich selbst Handschellen an und unterbindet jedes Handeln, nimmt sich auf diese Weise sowohl die Chance von positiven Erfolgserlebnissen als auch der Lerneffekte bei Misserfolgen.
Der Mensch kann ohne Irrtümer nicht durch's Leben kommen, Goethe sagt dazu in seinem 'Faust': „Es irrt der Mensch, solang er strebt“.

Du schreibst, es fängt beim Kleinkind an und endet beim Greis, nun, was das Kleinkind betrifft, da bin ich mir nicht so ganz sicher, ob es auch „irren“ kann, irgendwie sehe ich den Irrtum an ein denkenden Bewusstsein gekoppelt, das aus einem Sachverhalt falsche Schlüsse zieht, ist einem Kleinkind dieses möglich ? Sammelt es nicht zunächst reine Erfahrungswerte, macht gegebenfalls auch Fehler - hm, weiß nicht genau, ob man zwischen Fehler und Irrtum noch differenzieren muss.

Jedenfalls gehe ich mit Dir darin konform, dass man nicht „auf Nummer sicher“ im Leben gehen , sondern ggf. einen Irrtum in Kauf nehmen sollte, wenngleich mitunter eine ordentliche Portion Mut dazugehört.
Lb. Gruß

Helga


@ Kriss W.,
ich pflichte Dir bei, wenn Du schreibst, dass „wenn ohne Furcht Handlungen vollzogen werden würden, die in irgendeiner Weise (...ästhetische, moralische oder sonstige) Nachteile für jemanden mit sich bringen“, der fehlenden Furcht skeptisch zu begegnen ist. In dem Sinne ist Furcht sicher geeignet, ein Werkzeug zu sein, ethisches Fehlverhalten zu verhindern und menschlichem Handeln inclusive Irrtum Narrenfreiheit einzuräumen.

Dein Beitrag hat mich sehr gefreut, vor allem durch den Nachsatz, dass es nach 1,5 Jahren Mitgliedschaft Dein erstes Posting war. Ich denke mir, dass es zuvor sicher schon viele interessante Themen gab, wie kommt es, dass Dich gerade meine Hegel-Zeilen aus der Reserve locken konnten?

Gruß
Nachteule
 
@ Coeur Froid

Dank Dir für Deine Ausführungen, wobei ich die Rahmen-Kommentare gut nachvollziehen kann ( „wer nicht kämpft, hat schon verloren...etc - alle schlägt in die gleich Kerbe“ ) - diese Parallele in den Aussagen zur Furcht vorm Irren sehe ich auch.
Und den Schlussteil: „... nicht aus falscher Eitelkeit in Unbildung zu versumpfen nach dem Motto: wer nicht fragt, bleibt dumm“ kann ich unweigerlich unterstreichen, beinhaltet es schließlich mein Motiv, warum ich über meinen Schatten gesprungen bin und mich entschlossen habe, hier ein bisschen mitzureden.
Aber mit der Mittelpassage Deines Textes komme nicht so gut zurecht, doch das wundert Dich sicher nicht, - siehe Dein PS: „Ich weiß irgendwie nicht, was ich von meiner eigenen Herangehensweise halten soll. Deine Frage lasse ich mal so stehen: Habe ich die falsche Brille auf?“ (= Auch Furcht mit Deiner Meinung zu irren? )

Wie auch immer, zuguterletzt noch ein Zitat: „Menschen irren, aber nur große Menschen erkennen
ihren Irrtum“ (August v. Kotzebue)

Gruß Helga


@ Muzmuz - Beitrag:

ich glaube, nachteules gedanke war, dass sie eine zeit dem forumstreiben zugesehen hat und mitplaudern wollte, sich aber nicht getraut hat aus der angst, sich blamieren zu können
dann hat sie sich aber aufgerafft mit dem argument "wenn ich es nicht probiere, werde ich es nie erfahren"
das wollte sie uns mit dem eingangspost mitteilen und unseren response bezüglich des argumentes und ihrer nunmehrigen anwesenheit ermitteln
insofern: willkommen, nachteule


Danke für Deine vermittelnden Worte, Du hast mein Anliegen genau erkannt und interpretiert.
Das „grüne Licht“, das in Deinem Willkommensgruß impliziert war, ist sehr Mut machend, und ich werde dem künftig mit weiteren Beiträgen nachkommen.
Bis dann.
Gruß Nachteule
 
Zuletzt bearbeitet:
@ Céline,

Zitat:
Hallo Helga und auch von mir ein "Willkommen".
Ihr habt ja alle recht, aber habt ihr nicht auch manchmal Angst, ihr könntet euch nicht irren? Ich schon!


Deine Bemerkung stimmt nachdenklich, ich fasse sie so auf, dass darin eine Art „Selbstkritik“ enthalten ist. Ich denke, Du meinst, dass die Vorstellung „nicht“ zu irren, zu einer Art Größenwahn bzw. Selbstüberschätzung führen kann, dass man so in etwa die „Weisheit für sich selbst gepachtet hat“ - Irrtum ausgeschlossen.
Das war die Intention Deiner Frage - oder „irre“ ich mich ?

Lb. Gruß
Helga
 
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Céline schrieb:
:winken1: Hallo Helga und auch von mir ein "Willkommen".

Ihr habt ja alle recht, aber habt ihr nicht auch manchmal Angst, ihr könntet euch nicht irren? Ich schon!

:clown3:



Celine - immer ganz dazu fähig, der Diskussion eine neue Wende zu geben.

Diese Angst - ich habe sie ungern, aber oft, entspringt meiner Meinung nach einer irgendwie gegenteiligen Quelle, als der, die wir bis jetzt besprachen: es ist die Gewissheit, die man zu haben glaubt, dass etwas " schlecht" ausgehen könnte.

Politisches Beispiel: ich dachte vor dem Irakrieg oft, dass die Bushadministration einen Riesenfehler mit dem Krieg macht, der von den USA aus überwiegend wirtschaftspolitischen Gründen angezettelt wurde. Ich sah ein zweites Afghanistan herannahen. Wie mir scheint, habe ich mich nicht sehr geirrt.Ebenso erschüttern mich immer wieder die Berichte aus Tschetschenien, wo es den Russen nicht gelingt,den Tschetschenen ebenfalls nicht - halbwegs menschliche Lebensbedingungen für die geplagten Menschen zu erreichen.
Diese Befürchtungen habe ich aus der festen Überzeugung, dass Gewalt nur Gewalt zeugen kann.

Nicht ganz so umfassend folgendes Beispiel:
Ich weiß, dass ein mir nahe stehender Mensch immer wieder ähnliche Verhaltensweisen zeigt, die ihn vielen sehr unsympathisch erscheinen lässt. Sind wir in irgendeiner Gruppe beisammen, befürchte ich schon im Vorhinein, dass " er wieder aufdreht". Ich möchte mich gern irren - tue es aber in diesem Falle sehr selten.


Irren ist halt menschlich, wie schon gesagt wurde, aber ich bin in solchen Fällen gerade nicht gern ein Mensch. :schaukel:


@ Helga


Du hast sicher Recht, wenn Du die Irrtümer, der kleinen Kinder ( ich dachte nicht so sehr an Babys) auf eine andere Stufe stellst als die der älteren.

Aber bereits Tiere lernen durch Versuch und Irrtum. Wir wissen nicht, ob Gorillas zum Beispiel schon ihr Verhalten reflektieren können, aber sie probieren so lange, bis sie die Banane zu sich heranziehen können.

Liebe Morgengrüße Euch allen

Marianne
 
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