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Binsenweisheiten und Allgemeinplätze

Chris M

Well-Known Member
Registriert
2. November 2014
Beiträge
3.728
Sind Binsenweisheiten und Allgemeinplätze vielleicht besser als ihr Ruf? Mir ist aufgefallen, dass die sogenannten Binsenweisheiten sehr simple Grundsätze sind, an die sich aber kaum jemand hält. Wenn dem so ist, dann erhebt das doch eigentlich jene Weisheiten über den Status des Allgemeinplatzes hinaus, denn es kann kein Allgemein-Platz sein, wenn die Mehrheit es offensichtlich doch nicht begreift. Zwei Beispiele:

1. Akzeptiere dich selbst, so wie du bist.

Philosophische Grundschule, kein Zweifel. Aber: Wer schafft das denn? Wer kann sich selbst wirklich so akzeptieren, wie er ist? Eigentlich sollte es das Natürlichste sein, aber die meisten sind doch permanent irgendwie damit beschäftigt, an sich zu arbeiten, weil sie denken, sie seien nicht gut genug. Ich persönlich rege mich zum Beispiel über Dinge auf, die ich an mir selber nicht mag, die ich bei anderen sofort verzeihe. Wenn ich zum Beispiel in einem Gespräch eine seltsame oder unpassende Formulierung verwendet habe, verfolgt mich das manchmal über Tage und Wochen, in einigen Fällen sogar über Jahre (!!) und ich weiß, dass es anderen auch so geht. Ich meine, was soll das denn bitte?? Ich sehe hier weder eine evolutionäre noch eine spirituelle Funktion, die das erklären würde. Wenn jemand anderes etwas unpassendes oder peinliches sagt, denke ich mir: So what, wir sind alle nur Menschen. Wieso kann man das nicht genau so selbstverständlich auf sich selber anwenden?

2. Lerne zu unterscheiden, was du beeinflussen/verändern kannst und was nicht.

Auch eine sogenannte Binsenweisheit, doch auch hier wieder die Frage: Wer wendet diese denn wirklich bewusst im Leben an? Die meisten Leute regen sich doch permanent über irgend etwas auf, dass sie nicht beeinflussen oder verändern können. Wieso kann es keinen Weltfrieden geben, wieso gibt es so viel Leiden auf der Welt, wieso ist die Zukunft immer so ungewiss, wieso kann jemand wie Politiker X in so eine hohe Position kommen etc.

Fazit: Vielleicht müssten die Menschen noch einmal zurück in die philosophische Grundschule, denn die meisten von uns scheinen da einiges verpasst zu haben...
 
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Sich mit Sokrates vergleichen ist in der Tat schwierig, er konnte zwar wunderbar den Leuten auf die Füße treten und einen Spiegel vorhalten aber es wurde nicht geduldet und so musste er sich opfern. Dieses Opfer durch Tod ist evolutionär gesehen keine Lösung, die heißt Anpassung und das machen die meisten Menschen.

Das Problem bei Binsenweisheiten oder Kalendersprüchen ist, sie sind zwar richtig und war aber aus dem Zusammenhang gerissen und für sich allein stehend eben nur ein plumper Spruch. Deshalb meine Überzeugung, dass selber denken und selber das Ergebnis wie so eine Weisheit herleiten, zu einer praktischen und verinnerlichten Anwendung führen würde. Dazu kommt, dass so ein Spruch aus dem Zusammenhang sehr schnell widerlegt werden kann und das Gegenteil behauptet. Ein Suchtkranker wie jeder Kranke sollte nicht so bleiben wie er ist, er muss die Tatsache, dass er die Krankheit hat akzeptieren aber nicht wie er damit umgeht. Da ist Veränderung dringend notwendig. Also nicht akzeptieren, wie man ist, sondern sich verändern.

Sich über Dinge aufregen, die man nicht verändern kann, passiert aus Bequemlichkeit, man muss nichts tun, regt man sich über Dinge auf, die man verändern kann, ist man logischerweise gezwungen das auch zu tun. Deshalb, mit sich aufregen kann man Druck ablassen, aber wenn man sich über das Wetter oder Klima aufregt, kann man nichts tun. Auch wenn man sich aufregt, dass die Bundesregierung so doof ist, kann man nichts tun. Würde man sich aber darüber aufregen, dass man selber so doof ist, würde jeder sagen, lerne besser und Du bist schlauer. Da muss man selber etwas tun um den Unterschied aktiv oder passiv sein anzuwenden. Wenn man Unveränderliches kritisiert ist man fein raus, nichts passiert.
 
Deshalb, mit sich aufregen kann man Druck ablassen, aber wenn man sich über das Wetter oder Klima aufregt, kann man nichts tun. Auch wenn man sich aufregt, dass die Bundesregierung so doof ist, kann man nichts tun. Würde man sich aber darüber aufregen, dass man selber so doof ist, würde jeder sagen, lerne besser und Du bist schlauer.

Ich denke, man sollte die Balance zwischen beiden Extremen halten. Man sollte weder zu streng mit sich selber sein, noch alles auf die Anderen schieben. Das war jetzt auch fast schon wieder eine Binsenweisheit, aber es stimmt. Manchmal denke ich, ich selber bin an allem schuld, ich kann mich nicht anpassen, ich gehöre einfach nicht dazu, ich habe den Bezug zur Gesellschaft verloren. An anderen Tagen denke ich: Was für eine Scheißgesellschaft, kein Wunder dass man da krank wird. Beide Pole sind übertrieben. Man darf nie vergessen, dass man selber auch zu den Anderen gehört - nämlich aus der Perspektive aller Anderen. ;)

Mit der Frage wieviel man verändern kann, sollte man sich gar nicht so sehr beschäftigen. Der Einzelne kann wenig verändern, aber wenn eine Gruppendynamik entsteht, kann es irgendwann auch ganz schnell gehen. Wenn diesen Sommer fünf Millionen statt Fünfhunderttausend auf die Straße gehen, macht das schon einen Unterschied. Und genauso wichtig ist es, dass sich die Gegenöffentlichkeit im Netz weiter etabliert. Du sagst:

... wenn man sich aufregt, dass die Bundesregierung so doof ist, kann man nichts tun.

... und da stimme ich dir zu, aber nur kurzfristig gedacht. Ich kann nicht mit den Fingern schnippen und die Regierung absetzen, aber wenn man in Jahren und Jahrzehnten denkt, sieht die Sache anders aus. Wahlen verändern wenig bis gar nichts, aber auf der metapolitischen Ebene ist Veränderung immer möglich.
 
Das klingt alles wie Binsenweisheiten, es stimmt zwar aber es sind unpersönliche Allgemeinplätze. Warum sprachst Du nicht von Deiner Haltung, das einzig interessante, was die Anderen denken spielt, keine Rolle. Den Satz mit ich denke beginnen und dann kommt etwas ganz allgemeine, ist kein sehr klügliches Denken. Natürlich verändert sich über Jahrzehnte etwas in der Regierung, wie alles auf der Welt, es ändert sich ständig etwas auch ohne Demo.
 
AdHoc ...

Hochdeutsch ist eine Mauer - Dialekt eine Brücke :reden:
Der Piefke ist wie ein Steinschlag :autsch::clown1: - der Bayer wie eine Brotzeit
:maus: :bier:
 
Binsenweisheiten sind zwar irgendwie richtig, aber………. Eigentlich kein aber. Ich denke, gerade die unter 1. Und 2. genannten Weisheiten, sind die Basis für ein unkompliziertes Leben im Frieden. Der gelegentliche Ärger über diese „Sprüche“ entsteht, weil mir immer wieder mal bewusst wird, wie weit ich doch davon entfernt bin. Bei den meisten wird die Tragweite dieser „Empfehlungen“ nur für Momente – als Gedankenimpuls im Gehirn – klar. Wenn ich wirklich davon profitieren will, muss diese Essenzen wohl im Bewusstsein verankern und von der durchlaufenden Gedankenflut trennen.
 
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Wer rastet der Kostet.

Reden ist Silber, Zeigen ist Gold.


:reden:

Volksmund: Vergleiche (dich) nicht, wenn du in Frieden leben willst.
 
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